The good one and the evil one
„Das Böse ist immer unter uns. Meistens in Form von Mayonnaise oder überhitzten Räumen. Es wandelt sich stetig. Die nächste Inkarnation kommt als Frühling, als Liebespaar, janusköpfiger Beelzebubmädchen. Es hat die sanfteste Haut und Haare so schwarz, wie die der Sizilianerin, die ich einst verlor im Gedränge eines Totensonntags. Du siehst also, daily darling, das Böse ist schön und nützlich. Es ist in der Suppe und schützt uns im Schlaf. Nur das Gute ist Mitglied einer Deppensekte.“ (Mathias Deutsch)
Böse, also ja, aber gut – wofür? Das ist die Frage, und da haben sich die Utilitaristen und die Gesinnungsethiker und wie sie alle heißen vor allem mit dem Guten beschäftigt und in ihrer Erklärungsnot stets nähere und weitere Folgen drangeheftet. Sodass man dann bei Foucault schließlich lernen kann, wie es funktioniert in der Gesellschaft mit dem Etikettieren, dem Aus- und Einschließen. Und der Schwarz-Weiß-Malerei.
Das Gute und das Böse haben eigentlich nichts miteinander zu schaffen, sind gar keine Opponenten, sind für sich abstrakt und schick absolut genug. Also gut und böse ist genauso, wie wenn man sagt gut und Lila oder böse und Schrank oder gut und egal.
Merkwürdig ist es doch. Obwohl man keine korrekten Gegensätze aufbauen kann, ein nicht Gutes also nicht notwendig böse ist und andersherum, kann man diese beiden nebeneinander stellen und man erkennt beim Vergleich den Bösen sofort. Er ist zackig, düster, er sieht irgendwie verschlagen aus seinen Augenschlitzen, und sein Mund formt sich nicht zu holdem Lächeln.
Ja, da schreien wieder alle Gelehrten, man soll nicht von den Kapazitäten auf die Intentionen schließen, man tut es doch. Welches Auto würden Sie denn kaufen, das mit den runden oder dass mit den katzenaugigen Scheinwerfern? Tja, Typfrage, würde ich sagen und völlig unabhängig von tragischen Missverständnissen im Verkehr.
Mario Pruner hat zwei Häuser gebaut, sie stehen benachbart, wie in einer Einfamilienhaussiedlung, Prototypen sind es, für zahme und für zornige Familien. Ein hohes, rundes Dach, das reinste Kindchenschema und ein flach abgewinkeltes, mit lauernden Fensterstürzen, eher Schießscharten.
Lavater, Physiognomie, Psychologie, Schädellehre, Werbestrategien, Schlüsselreize, Verhaltensbiologie. Es ist zum Fürchten. Und vor allem, warum ist es so schwer, ein gutes Haus zu bauen, was nicht bräsig aus großen Augen blickt? Ein Feng-Shui-Experte könnte jetzt wahrscheinlich sagen, was los ist, er könnte immer sagen, es ist gut für, und böse für ... man wird ihm trauen müssen, wie einem Glauben.
Mario Pruner ist von den Intentionen auf die Erscheinung gekommen. Und andersherum, er hat am Beispiel kleinbürgerlicher Wohnfantasien etwas durchgespielt, was man als junger, turnschuhtragender, gewaschener, blondgelockter, geschminkter Nichtraucher mit hoher Stirn glaubte, nicht beachten zu müssen, man glaubt es die ganze Zeit.
Nora Sdun
Mario Pruner. Ausstellung im Schaufenster, Trottoir, Hamburger Hochstraße, Hamburg, bis 2.3.05