12. März 2025

Alles kocht wieder hoch

 
Die Welt ist ein Abgrund, das Weltall, die Liebe, die Familie, alles in diesem Film ist abgründig, ist dazu da, um es zu verbergen, um es loszuwerden, sei es, dass man Leichen in einer Erdspalte verschwinden lässt, sei es, dass man ein Loch in der Wüste gräbt, um die Vergangenheit hinter sich zu lassen.


Welch ein meisterhafter Film, wunderbar durchkomponiert. Lou, gespielt von Kristen Stewart, verliebt sich in Jackie (Katy O’Brian), eine Vagabundin, die, von zu Hause abgehauen, als Bodybuilderin in Las Vegas an einem Wettbewerb teilnehmen möchte, aber im Nirgendwo in New Mexico strandet, in der Fitnesshalle von Lou, die gelangweilt ihre Tage mordet, wenn sie sich nicht gerade um ein verstopftes Klo kümmert. Die Scheiße kommt hoch, es ist nicht aufzuhalten, die Abgründe geben ihren Unrat auf Dauer wieder frei.


Lou und Jackie, die wie die zwei Seiten einer Münze sind, die sich an- und ausziehen, geraten in einen Abgrund der Gewalt, als Lous Schwester von ihrem Mann halb totgeprügelt wird, sodass sie im Krankenhaus landet, von wo aus sich Jackie aufmacht, um ihren gestählten Körper zum Einsatz zu bringen, um sich selbst als Waffe abzufeuern, eine Kugel, die JJ (Dave Franco), den Täter, aus dem Leben katapultiert.


Die Frauen sind in LOVE LIES BLEEDING stark, sind schwach, sind die, die übrig geblieben sind in einer Welt, in der die alten Männer, hier verkörpert von Lous Vater, den Ed Harris durchs Bild schlappen lässt, ausgedient haben, eine Figur, die als das Böse, das sie dereinst war, keine Rolle mehr spielt. Er ist ein Abgrund, der sich längst selbst vertilgt hat, der schrägen Geschäften nachgeht, der einen Schießplatz führt, wo eben aber auch JJ, der nun tote Mann von Lous Schwester, arbeitete, ein Mitwisser, ein Mittäter, der von Lou und Jackie dort abgelegt wird, wo schon so viele Leichen landeten, in einem Abgrund, einer Erdspalte.


Niemand ist unschuldig, alle töten, alle geben sich der Gewalt hin, bis zum Ende, wenn Lou dem Gestern die Luft abdrückt, um dem Morgen eine Chance zu geben.
Wenn Lou zu Beginn auf die Scheiße blickt, die sich in der Kloschüssel nach oben presst, dann wird damit das Thema des Films vorgeben: Nichts und niemand kann wirklich verschwinden, alles kocht wieder hoch, alles kehrt irgendwann zurück. Die Unschuld ist nur eine Maske der Schuld.


Eines sollte man haben, wenn man tötet: Teppiche, um die Leichen darin einzuwickeln. Und davon hat Lou so einige.

Guido Rohm

 

LOVE LIES BLEEDING (2024), Rose Glass (Regie)