4. März 2024

Wirkungsräume


„Die Publikation vermittelt die Wesenszüge der Konstruktion. Daneben werden im übergeordneten Metakontext die thematischen Unterschiede herausgearbeitet und in einer Geografie der Abhängigkeiten und Bezüge abgebildet.“ So stellt sich das Buch, herausgegeben von Piet und Wim Eckert (E2A), selbst vor. Der Anspruch aus einer Nur-Architektur-Sichtweise herauszutreten, wird durch den Wortgebrauch ersichtlich. In 1–8 „Wirkungsräume“ unterteilt nimmt sich die Monografie kategorialer Unterscheidungen an, stellt sie zunächst in Minizusammenfassungen vor, die sich wie kleine Filmkritiken lesen – was tatsächlich der Idee einer mit Wirkung verknüpften Narrativität zugute kommt. Der Darstellung ihrer Gestik folgt eine dicht gesetzte vierspaltige genaue Durchkonjugierung in Aufsätzen zu beispielhaften Projekthaltungen, unterbrochen von kleineren Fotosnippets. Schließlich, wie in der Zeitschrift Detail o. Ä., dockt hieran das fotografische Porträt und die Detail- und Risszeichnung an – eine jeweils einfühlsame Arbeitenstrecke, bei der das zuvor Gelesene nach Möglichkeit bildlich bewiesen wird. Natürlich kann für die Wirkung von Räumen eigentlich nur ein räumliches Aufsuchen wirklich effektiv sein, sprich die Exkursion, und genau dafür hält Die Ontologie der Konstruktion gut und sorgfältig kuratierte Ziele bereit. Von diesen stechen die noch wenig besprochenen Bauten der letzten 30 Jahre heraus (neben den Klassikern ihrer Art, die nicht fehlen dürfen).


Architektur-Verbindungen zu Literatur (Bouvard & Pécuchet), dem wilden / gezähmten Denken Lévi-Strauss‘ oder dem Existenzialismus als „das Nackte“ schürfen im Nichträumlichen und werden darin fündig. Stark ist die Präsentation des „strukturellen Raumes“, die sich u. a. dem lange vernachlässigten spanischen Expo-Pavillon (ursprünglich 1958) annimmt. Dabei fällt die Wortprägung des sogenannten strukturalistischen Bauens zum Glück nicht permanent, noch werden inflationär bekannte Modularbeiten ab den 60er Jahren ein weiteres Mal begangen. Ebenfalls relevant in einem neueren Sinne erscheinen die Abschnitte zum „universellen Raum“ und zum „gemischten Raum“, mit jeweils aktuellen Statements zu generischen Mixverfahren, z. B. mittels KI.


Die Kuration der Projekte (voller Trouvaillen wie Schinkels Zeltzimmer oder Philip Johnsons Ghost House) macht den Reiz des Bandes aus, der grafisch/ haptisch den strengen Darstellungen der E2A nahesteht. Das große Format, das raue Papier lassen diese Ontologie zugunsten der Bildarbeit ausschlagen, trotz der Textarbeit handelt es sich nicht unbedingt um „Architekurliteratur“ in einem architekurtheoretischen Sinne, eher um eine modular organisierte Vortragssammlung in vorher festgelegtem buchkonstruktiven Rahmen.

Jonis Hartmann



Piet Eckert, Wim Eckert: Ontologie der Konstruktion, Park Books Zürich 2024