10. Dezember 2023

Delikatessen der Knorrwäldler


Es gibt wenige Dinge, die mehr Spaß machen, als hoch gesteckte Erwartungen und Ziele krachend zu unterbieten. Das geht nicht nur Kindern und Pubertierenden so, auch jung gebliebene Erwachsene erfreuen sich an bad taste und rotzfrechen Attitüden. Das weiß nicht nur der jederzeit kündbare Business Punk, sondern auch die deutsche Bundesregierung. Die allerdings unfreiwillig.
    Genau in diese Kerbe schlagen die beiden Charaktere Grigor und Tolja der Illustratorin Pascale Osterwalder in ihrem ersten Bilderbuch „Das Käsebrot“, das nach ihrem erfolgreichen Debüt 2021 als Comiczeichnerin der „Daily Soap – aus dem Leben eines Seifenspenders“ bereits ihre zweite Publikation darstellt.

Obwohl (oder vielleicht gerade weil) die Zeichnerin Schweizerin ist, mag sie Käse nicht sonderlich. Daher lebt sie auch im Wien, wo den Bewegungen durchs Unterbewusstsein mehr Beachtung geschenkt wird als den schwarzen Zahlen auf dem Konto. So jedenfalls sagen es angeblich die Stadt- und Länder-Klischees.

Die beiden herrlich verknarzten Typen Grigor und Tolja leben also zwischen Knorrwald und Sumpfteich auf abgebrochenen Rest-Ästen und gehen sich gegenseitig auf die Nerven. Toljas Geschnarche hält Grigor halbe Nächte wach und macht diesen zum griesgrämigen Morgenmuffel, dessen Laune erst nach drei Tassen Rindentee etwas erträglicher wird. Aber auch Toljas reichhaltiges Frühstücksangebot aus Spiegelei mit Algenbrot, Würmerpaté mit Vogelbeergelee, gesottenen Karotten mit gerösteten Motten sowie Kellerasselmoussee mit Haselnuss findet Grigor nur „fürchterlich. Ein Käsebrot will ich!“ gibt er kaltschnäuzig fordernd zurück.
    Käse aber ist aus. Und so muss Tolja sich etwas einfallen lassen. Er raspelt nach reiflicher Überlegung an seinen Fußsohlen und schmirgelt seine Hornhaut aufs Brot, garniert mit etwas Kresse. Die Grigor aber angewidert auf den Boden wirft, bevor er sich den Fladen samt Belag gierig ins Maul stopft.

Erst in der Nacht kommt Grigor dahinter, was er da gegessen hat, und sinnt auf Rache. Er will es Tolja heimzahlen und schmiert ihm am nächsten Morgen ein fettes Ohrenschmalz-Brot, das der genüsslich wegkaut …

Wie dann Herr Samalander ins Spiel kommt und die Regeln von Angebot und Nachfrage neu aufstellt, sollte man* selbst in Reimform herauslesen und sich aufs Köstlichste zu Gemüte führen.

Dies Buch ist eine fantastisch-lustige Reise durch ein Land werdender Gourmets. Sehr kurzweilig und herzallerliebst. Für den weihnachtlichen Gabentisch und für jedes Alter nur zu empfehlen.

Carsten Klook



Pascale Osterwalder: Das Käsebrot
Luftschacht Verlag
Hardcover mit Fadenheftung, 62 Seiten, 20,5  x 26 cm, farbig illustriert
ISBN 978-3-903422-41-4
24.00 €