29. Oktober 2005

Melancholischer Nebel

 

Zsuzsa Bánk schreibt Geschichten über die Vergänglichkeit. Die Vergänglichkeit des Lebens, der Liebe und der Freundschaft. Zwei ehemalige Freundinnen, die sich nichts mehr zu sagen haben, besuchen einmal im Jahr gemeinsam eine alte Freundin in der Psychiatrie. Eine Frau kommt in das italienische Geburtsdorf ihrer Mutter und trifft einen dort gebliebenen Verwandten. Eine andere besucht im Winter, wie seit Jahren schon, eine gute Freundin, und die bis dahin vorhandene Selbstverständlichkeit ist auf einmal dahin. In einer anderen Geschichte verschwindet der Dreizentnermann Larry, der Gedichte schreibt, plötzlich aus dem Leben seiner Mitbewohnerin und lässt sie ratlos zurück.

 

Es geht manchmal nur um Alltäglichkeiten, um eine Freundschaft, die langsam vergeht, und um die Trauer, die man deswegen verspürt, auch wenn man sich selbst auch schon in eine andere Richtung weiterentwickelt hat. Dieses Gefühl, dass etwas unwiderruflich verloren ist, kennen alle, aber keine beschreibt es so melancholisch und schön wie Zsuzsa Bánk.

 

Die Autorin, die in Mainz und Washington Publizistik, Politikwissenschaft und Literatur studiert hat, bekam für ihren ersten Roman "Der Schwimmer" diverse Preise, das könnte ihr mit diesem Band auch passieren. Allerdings ist das Problem mit Erzählungen, dass sie schneller aus dem Gedächtnis des Lesers verschwinden als ein Roman. Mit etwas Glück setzen sich ein, zwei Geschichten in der Erinnerung fest, der Rest verschwindet im Nebel, in diesem Fall in einem melancholischen Nebel aus lauter Abschieden. Aber das muss ja nicht schlimm sein, und vielleicht ist das Buch trotz des Titels eher etwas für verregnete Herbstabende, die uns ja sicherlich noch bevorstehen.

 

Katrin Zabel

 

Zsuzsa Bánk: Heißester Sommer. Erzählungen. S. Fischer Verlag 2005. 152 Seiten

 

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