12. September 2005

Genießen können

 

Wenn sie einen nicht gerade selbst beklauen, können Gangster, wenn sie wie im Film dann tatsächlich auch immer woanders unterwegs sind, eigentlich ganz nett sein. Das liegt wohl daran, dass sie im Film meist noch etwas anderes sind als bloße Gangster und dort, anders als in der knochentrockenen Berichterstattung von Zeitungen, sich auch von ihrer sonnigen Seite zeigen dürfen. In der Gangsterkomödie ist das sowieso Pflicht. Dieser Film bringt es wunderbarerweise fertig, im völlig unbeschwerten Parlando die Rückseite des professionellen Bösewichts zu zeigen, und man sich als Zuschauer schon hin und wieder fragt, in welchem Film man eigentlich ist. Natürlich muss man die elf Haupthelden erst mal ein wenig kennen lernen, auch wenn man es bis zum Ende nicht geschafft haben wird, sich höflicherweise ihre Namen zu merken. Aber die sind auch gar nicht so wichtig.

 

Was zählt, ist die Rückenmassage, die hingebungsvolle, brave und gehorsame Frauen ihren so unorthodox zu Geld kommenden Gatten verabreichen, denn niemand weiß, ob der nächste Coup sie nicht (wieder) zu Strohwitwen macht. Was zählt ist, entspannt in den Tag zu gehen und die seltene Fähigkeit, zu genießen und in keiner Weise Zeit darauf zu verschwenden, sich vorzurechnen, man hätte irgendetwas falsch gemacht im Leben. Was man braucht, um das zählen lassen zu können, ist eine durchwachsene Spielernatur, der das Spiel wichtiger ist als die Vorhaltungen der eigenen Frau, wenn sie sich mal wieder beklagt, dass sie nur die zweite Geige spielt. Es geht in der ersten guten Hälfte des Films unglaublich entspannt zu, keine Hindernisse sind zu überwinden, auch der so wichtige Elektriker, der eigentlich schon abgesagt hat, kann aus ganz schlichten Gründen gewonnen werden, schließlich ist es egal, ob man in vier Wochen im Paradies oder in der Hölle des (Untersuchungs-)Gefängnisses stirbt.

 

Der Coup selbst: fünf Kasinos in Las Vegas erleichtern. Die Typen sind so cool, dass sie ständig noch singen und für das ganze nicht mehr als eine Trockenplanung anberaumen. Ein paar Tage später ist jeder um eine Million Dollar reicher. Da es in dem Film aber nicht nur Ehefrauen oder Freundinnen gibt sondern auch Mütter mit ehrgeizigen Zweitgatten, muss passieren, was passiert. Die bisher so unspektakuläre Aktion verliert ihren eigenen selbstverständlichen Anschluss, an dessen Ende der langfristige Genuss der zweitägigen „Arbeit“ gestanden hätte. Der etwas kränkliche Elektriker stirbt früher als erwartet, nämlich direkt nach dem Raub. Die Polizei merkt natürlich nichts, aber jener Zweitgatte (der in Wahrheit ein Gatte in n-ter Potenz ist) kann sich plötzlich einen Reim machen auf gewisse mehr als zufällige bekannte Gesichter in der Stadt der Verlierer.

 

Eine Art Doppelagent, schlägt er nicht nur den Kasinos, sondern auch den Gaunern einen Deal vor, bei dem er nur gewinnen kann. Oceans’s eleven sehen keine Alternative, bis Dean Martin ein eleganter Coup einfällt, wie man unbemerkt und somit auch ohne die bittere Notwendigkeit, auf jenen Deal einzugehen, das Geld aus dem streng bewachten Las Vegas hinausschmuggeln könne. Aus der Sache mit dem Sarg wird dann allerdings doch ein Schuh. Aber wer so elegant Anzüge trägt, kann eigentlich nicht die Fassung verlieren.

 

Dieter Wenk (09.05)

 

Lewis Milestone, Ocean’s Eleven – Frankie und seine Spießgesellen, USA 1960, Frank Sinatra, Dean Martin, Sammy Davis Jr.