29. Juli 2005

Objekt des Schreckens

 

Menschliches Versagen – so undramatisch kommt letztlich das Schicksal der Titanic daher. Der Untergang hätte vermieden werden können. Die Argonautica ist ein Luxusschiff gleichen Kalibers, über ihr gibt es nichts mehr. Das klingt katastrophenverdächtig. Wie berechtigt der Verdacht ist, führt der Film vor. Schubweise als unheilige Dreifaltigkeit. Die Gefahr lauert innen, außen – und unten. Mit letzterer hat keiner der Beteiligten, Täter wie Opfer, gerechnet. Aber zunächst einmal stellt sich der Architekt und Eigentümer des Schiffs mitten auf See selbst vor und wünscht dem Publikum, seinen Gästen, viel Spaß. Dabei hat er selber gerade den elektronischen Spaßhahn abgedreht, das Schiff manövrier- und kommunikationsunfähig gemacht. Aha, Versicherungsbetrug, Zweifel kommen auf, er als einziger hätte sich retten können? Hhm, hhm, aber daran denkt man vielleicht doch erst nach dem Film, denn schon sind noch ganz andere Gangster unterwegs, auf einem etwas kleineren Boot, die es auf das dortige Geld und den Safe abgesehen haben. Harte Jungs, schwer bewaffnet, mit Torpedos und so. Der Kapitän und Eigner des kleine Schiffs wirkt erst mal fast so blöd wie sein eigener Maschinist, aber er hat das Zeug zum Helden, wie man vorgeführt bekommen wird.

 

Doch als die Piraten das Luxusschiff vor sich haben, ist eine große Katastrophe schon passiert, mit der niemand gerechnet hat. Es ist so still auf Deck. Keiner weit und breit. Dabei hat man doch Gerätschaft dabei, um sich diesem Menschenauflaufproblem entsprechend stellen zu können. Aber nein, diese Arbeit hat einem schon ein anderer abgenommen. Das macht es aber nicht einfacher. Im Gegenteil. Spannung kommt auf. Was ist passiert? Zuerst einmal befreit man die Dame im roten Kleid, die doch keine Dame, sondern eine Betrügerin ist. Aber wer sonst als sie könnte so cool sein? Eben, japanische weibliche Gäste scheißen sich schon bevor es richtig los geht die Hosen voll. Nach dieser Befreiung landet man im Tresorraum, wo sich der Kapitän mit seinem nichtswürdigen Konstrukteur aufhält, Begrüßung durch Schädelspaltung, sorry, man hatte mit einem anderen Gegenüber gerechnet. Was plausibel gemacht werden kann. Instantan. Es geräuschelt so. Klopf, klopf, und dann sieht man zum ersten Mal das Viech aus der Tiefe des Ozeans, einen Riesenoktopus, der zudem ziemlich aggressiv ist und die Eigenart besitzt, sein Opfer auszulutschen und dann wieder auszuspucken, die menschliche Müllhalde am Schiffsbug ist wirklich nicht schön anzusehen.

 

Es kommt natürlich zu kurzfristigen Solidaritäten aufgrund des übermächtigen, aber doch auch verwundbaren Feindes – er mag keine Gewehrkugeln – die Mannschaft der Piraten verknappt sich dramatisch, auch das nette Thaimädchen des kleinen Boots muss dran glauben, am Ende kämpfen nur noch Held, die Betrügerin als potenzielle Geliebte auf der einen Seite, der Architekt auf der anderen und natürlich der Krake von unten, oben, von überall, um sich zum Schluss ganz zu präsentieren, der freut sich schon auf die Heldenmalzeit, das Viech gewinnt dadurch richtig menschliche Züge, aber dann kriegt es eins ins Auge, das tut weh, der Held ist befreit wie Odysseus von Polyphem und ab geht’s auf die Insel, und der Maschinist kommt auch noch vorbei, lebend, witzelnd, hehe, aber es gibt keinen Grund zu lachen, noch nicht, die Fortsetzung des Films macht sich im Hintergrund auf der Insel durch Staubwolken und katastrophenverdächtige Schlingbewegungen kenntlich. Viel Glück auch.

 

Dieter Wenk (12.00)

 

Stephen Sommers, Octalus – Der Tod aus der Tiefe, USA 1997