29. Juli 2005

Punkrock und spitze Schuhe

 

Es ist Sommer, die Sonne brennt auf den Kopf, das Denken fällt schwer, aber trotzdem will man etwas lesen am Strand, Unterhaltung muss ja sein. Da bietet sich ein netter Poproman im eigentlichen Sinn des Wortes an, einer wie dieser, wo alles drin vorkommt, was so zum Weiterlesen animiert, coole Frauen, gestörte Beziehungen, Musik, Drogen natürlich. Nüchtern ist das Leben schließlich nur halb so lustig, das wussten wir ja schon immer, und alles angesiedelt im Jahr 1979 in London, als Punk wirklich noch lebte und abgeschnittene Strumpfhosen kombiniert mit Schuluniformröckchen, spitzen Schuhen und Herrenhemden Ausdruck modischer Geschmackssicherheit waren.

 

Heute kann man das sicher auch wieder oder immer noch anziehen ohne aufzufallen, zumindest in gewissen Stadtteilen. Die Musik wird ebenfalls noch gespielt, alles also gar nicht so überholt. Doch was passiert? Linda, Mitte 20, wohnhaft in einem Kaff in der Nähe von Brighton und dort als Hilfsköchin in einem Chinarestaurant tätig, bekommt den Job ihrer Träume als Musikjournalistin bei einer neuen Zeitschrift in London. Ihr spießiger Freund David, Bankangestellter und eher an Eigenheimfinanzierung und Familienplanung interessiert als an neuen Bands, findet das gar nicht so gut und trennt sich von ihr. Das ist eigentlich nicht weiter schlimm, ein wichtiges Kriterium gegen ihn war schon immer die Tatsache, dass er nur acht Platten besitzt und eine davon auch noch von Billy Joel stammt – kaum etwas kann schlimmer sein in den Augen einer echten Punkerin.

 

Zwar fragt man sich, warum die beiden überhaupt mal zusammen waren, aber die Liebe wandelt ja manchmal auf abgründigen Pfaden, lassen wir das also einfach so dahingestellt sein. Linda zieht jedenfalls nach London, darf ganz viele Platten hören und umsonst auf die tollsten Konzerte gehen, trauert aber trotzdem David hinterher, was sie jedoch nicht daran hindert, eine Affäre mit einem beziehungsgestörten australischen Fotografen anzufangen. Am Ende winkt noch eine zweite Chance mit Langweiler David, aber statt das drohende Happy End mit Eigenheim und Kleinfamilie offen zu lassen, traut die Autorin ihren Lesern anscheinend nicht genug Fantasie zu, denn sie hängt noch einen überflüssigen Epilog dran, der Lindas Leben 20 Jahre später beleuchtet.

 

Der Plot ist ohnehin nicht unbedingt innovativ, amüsant sind eher die Beschreibungen von Lindas Arbeitskollegen. Während der Herausgeber, begleitet von einem ewig furzenden Spaniel, den Fortbestand der Zeitschrift durch den Verkauf von Bidets und geschmacklosen Kiefernholzmöbeln zu retten versucht, tut sich der Hauptmitarbeiter vor allem durch exzessiven Drogenkonsum und düstere Prophezeiungen ob der Lebensdauer verschiedener Bands hervor. Das ist für Musikinteressierte durchaus witzig und gut lesbar, da lässt sich über ein paar vorhandene Schwächen hinwegsehen. Und wie gesagt, es ist Sommer, und Unterhaltungsliteratur soll schließlich vor allem unterhalten.

 

Jessica Adams: Ballroom Blitz, 382 Seiten, aus dem Englischen von Stefanie Mierswa, Ullstein 2005

 

Cohen+Dobernigg Buchhandel

 

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