6. Juni 2005

Frauenbilder

 

Diesmal wird Jean Lavardin nur einmal ausfällig und prompt wird er suspendiert, hohe Tiere mögen das einfach nicht. Aber zu dem Zeitpunkt hat sich der Fall eh fast von selbst gelöst. In der Provinz geht’s zügiger und direkter zu. Keine Subtilitäten, aber auch nicht zu deftig, der Klassenkampf bleibt eingerollt wie das Streikbanner, das gleich zu Anfang schon nicht zum Einsatz kommt. Der Gegner ist nicht eine andere Klasse, sondern eine Frau mit Klasselüsten. Deklassiert, unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der sozialen Anerkennung, wird endlich versucht, klar Schiff zu machen. Der Klassenkampf ist ein prima Tarnanzug, im Schatten dessen sich ganz angenehm morden lässt, auch wenn’s den eigenen Ehemann betrifft, denn der wahre Ehemann ist direkt nicht greifbar. Eine Frau gegen Männer mag dabei ja noch angehen, aber was hilft es ihr, wenn sie gegen ebenfalls geopferte Frauen kämpfen muss. Die eigene Tochter steht in einem halben Ödipusverhältnis und wirkt entsprechend bizarr. Die Frau des Kapitalisten eine verhinderte Mutter, die sich mit Tieren und Austern über Wasser hält und doch nicht verwinden kann, dass ihr Mann nicht in der Lage ist, seine Tochter, die er mit seiner Geliebten gezeugt hat, zu adoptieren, wie es abgesprochen war. Einmal richtige Mutter, immer richtige Mutter. Auch wenn sie eine Rabenmutter ist, zu guter Letzt sogar ihre Tochter wegschließt, um sich unliebsamer Korrespondenzen der Tochter mit Lavardin vom Hals zu halten. Lavardin als Kindesretter im Keller, eine gar rührende Szene, die wirklich sehr komisch ist. Einsatz auch noch nach der gerichtlich erwirkten Abgabe des Falls, der Vater und Frauenmagnet dankt es ihm. Bleibt die Frage, was Interpol in der Provinz zu suchen hat. Sie wird auch nicht wirklich beantwortet, wenn man gleich zu Anfang bemerkt, dass der Provinzpolizist eigentlich nicht sprechen kann. Er kann nur Befehle entgegen nehmen, z.B. den, das Badehandtuch zu reichen. Davor passiert die vermutlich schnellste Rasur der Fernsehgeschichte, so sicher wie sonst auch das Händchen. Aber wie steht es mit der Hand des Inspektors, die sich ja auch mal an Frauen vergreifen könnte? Das Junggesellensyndrom der Detektive. Nur nicht sich einlassen, und wenn, dann würde es niemand auf diese Art aushalten. Aber vielleicht sollte er es einfach mal probieren, wenn die Fälle sich quasi von selbst lösen, bleibt Zeit genug. Noch eine Frage zu Schluss: wer ist der Teufel gewesen?

 

Dieter Wenk (07.00)

 

Christian de Chalonge: Inspektor Lavardin: Der Teufel in der Stadt, Frankreich  1988, mit Jean Poiret, Bruno Cremer, Bulle Ogier u.a.