25. März 2005

Getuschte Schleierwürste

 

Yin Meng – Tuschen. Trottoir, Ausstellung im Schaufenster, Hamburger Hochstraße 24, bis 31. März.

 

Auf dem Einladungszettel steht: „Mein 4 Jahre“ und „03.04.2001, Peking Zeit kurz vor Mittag, ich verabschieden mit Xiao-Ge bei Eingang ,CHECK‘, dann bin ich auf dem Weg nach Hamburg.....“

 

Seit 4 Jahren ist Yin Meng in Hamburg und sie kam aus Peking. Peking ist sehr groß. Ich glaube, dass man, in Hamburg angekommen, dann unweigerlich einen Provinzkoller bekommt von den ganzen Bäumen an den Straßenrändern.

 

Yin Meng zeigt fahl farbige Tuschen. Dürer-Traumgesichte – sehen aus wie Atombombenexplosionen, sollen aber, laut Meng, Olivenbäume sein. Die Vorstellung von Natur, wird, wenn man mittendrin sitzt, nicht unbedingt präziser. Das, was man zu sehen kriegt in Nordeuropa, sind auch keine Olivenbäume, höchstens Weidezäune. Norddeutschland ist von einer fantastischen, völlig unakzeptablen Ödnis umfangen.

 

Man schlägt der Rickmer Rickmers am besten gleich noch eine Reihe Bullaugen unterhalb der Wasserlinie rein, denn es ist angemessen, weiter aus Perspektiven zu blicken, die in ihrer Sonderbarkeit dem eigenen Befremden beistehen. Transparent, dunkle Tuschestrichwürmer ziehen sich nebeneinander um Häuser und Bäume zusammen. Ein Mensch guckt durch Schleierwürste. Immer enger suppt es. Um Bewegungen machen die Pinselschleifen Bögen. Macht der Hintergrund die Bewegung oder der bewegte den wallenden Hintergrund? Wird also mit der Öde gearbeitet, oder bearbeitet einen die Öde. Jedenfalls neigen die Motive auf den Bildern Yin Mengs zur Inselbildung, das schönste dunkel wabernde Nichts außen rum um die vereinzelten Motive.

 

Nora Sdun