12. November 2004

Bauholz des Lebens

 

Der relevante Text von Jens Peter Jakobsen ist weiterhin „Nils Lyhne“ – sehr geliebt von Rilke und anderen Großmeistern der zarten Gefühle, besonders bei Künstlern, die bei näherem Hinschauen so zart dann nicht sind, sondern bloß noch verstiegen, verzweifelt und jämmerlich, wie Katzen, die in Obstbäumen sitzen und nur hinunter wollen, obwohl sie so schön Obst essen könnten.

 

Aber den Roman „Frau Marie Grubbe“ kann man auch mal lesen, besonders, wenn einem an Realitätsflucht, sentimental Überspanntem und, wie der Autor selbst sagt, „Interieurs aus dem 17. Jahrhundert“ gelegen ist. Das ist natürlich alles ein großer Quatsch, wie Liebesgeschichten, von auf dem Lande lebenden Schönheiten, die unglücklich in und mit der Stadt verheiratet werden, eben immer ein großer Unsinn sind. Nur wo findet man so schön beknackte Dialoge zwischen Menschen wie hier: „Stets will euer Denken hinaus auf große Fahrt ... Ihr zerhackt all das Bauholz des Lebens in Gedankenspäne.“

 

Die Metaphern sind nicht ganz fertig. Also Fahrt, Seefahrt und Bauholz geht ja noch, aber nun ist es ja das Bauholz des Lebens gegen das Denken auf großer Fahrt. Kann sein, dass der Übersetzer einfach eine lausige Arbeit verrichtete, kann aber auch sein, dass Frau Marie Grubbe wirklich so verzweifelt ist über den neuerlichen Irrtum ihrer Liebe, dass sie spricht wie ein gelehrtes Kind.

 

Nora Sdun