12. Mai 2004

 

Irgendwas läuft schief in München, und zwar schon länger. Ob die Spider Murphy Band uns über die Schwabinger Schickeria aufklärt oder der Starfriseur Gerhard Meir über die in seinem „Salon“ ein- und ausgehende exaltierte Prominenz schwadroniert. Für Außenstehende ist das alles schrecklich langweilig. Aber irgendwie scheint man in München um die „Szene“ nicht drumrum zu kommen. Jetzt hat auch der Verfasser des wunderbaren Romans „Memomat“ sich an dieser Gattung Mensch versucht und dem Münchner Blumenbar Verlag damit einen Roman beschert, der weder ins Programm passt noch zu ihm.

 

Es macht traurig sich vorzustellen, wie viel Zeit der Autor damit zugebracht haben muss, die „Gala“ zu lesen oder ins Schuhmann´s zu gehen. Denn leider ist außer dem Fleiß an Recherche wenig mehr zu entdecken.

 

Greg Strasser ist Prominentenreporter und steckt, wie es der neue deutsche Roman verlangt, selbstverständlich in einer tiefen Krise. Dies versucht FX Karl zumindest über das gesamte Buch zu vermitteln. Einerseits ist es die typische Midlifecrisis, wenn seine Freunde ihn mit „Last Exit Schwangerschaft“ konfrontieren. Andererseits ist es Überdruss am immergleichen Sternchenkult. „Das Leben ist wie ein schlechtes Fernsehprogramm, man sucht herum, möchte endlich den richtigen Sender finden, das spannende Programm, und ergibt sich am Ende erschöpft einer billigen Soap. Ganz lustig, aber auch nicht mehr.“

 

Die kulturkritischen Ergüsse des Helden sind jedoch nur banal. Und überhaupt entwickelt der Autor seine Hauptfigur zu wenig, als dass man ihr die Fähigkeit zur Abgründigkeit zutraut. Wenn Greg sich etwa mit seinem Lieblingsvideo von Atombomben-Explosionen zurückzieht, verliert die Schrillheit sich im Zitat.

 

Die Hoffnung, dass das seitenweise Nacherzählen ganzer Biolek-Koch- und Harald-Schmidt-Sendungen den Medienbetrieb bereits entlarvt, ist leider vergebens. Das hatte Bret Easton Ellis in „Glamorama“ besser gekonnt. Es fehlt, wie man so schön sagt, die Fallhöhe. Denn so abgebrüht, wie Greg ist, wäre er einzig als Psychopath, wiederum á la Ellis, eine interessante Figur.

 

Wenn man schon vom Starschnitt redet, sollte man noch einmal an die bedingungslose Begeisterung des Endverbrauchers einer „Bravo“ erinnern. Gerade solche Stars, die man anhimmeln kann, kommen allerdings gar nicht vor. Es ist ein Roman für die ab 20-Jährigen, die sich über den Rummel eigentlich nur lustig machen können. Nur ist „Starschnitt“ fatalerweise gar nicht komisch, sondern bitterernst und außer auf den letzten paar Seiten vollkommen handlungslos.

 

Gustav Mechlenburg

 

FX Karl: Starschnitt, Blumenbar Verlag 2004, 312 Seiten, 20 Euro

 

Die Empfehlung bleibt "Memomat"