23. April 2004

Glück ist irgendwie schwer machbar

 

“Mit dem Wetter ist es wie mit dem Liebesleben. Schönes Wetter ist schön. Aber wenn es zwei Wochen hintereinander jeden Tag schön ist, wirst du zwangsläufig nervös.“

In Anke Stellings zwölf Erzählungen scheint alles konstant in der Schwebe zu bleiben, die Figuren mögen sich nicht festlegen und sehnen sich gleichzeitig nach dem Unerwarteten, das schließlich irgendwann einmal kommen muss. Da bleibt für eine der Protagonistinnen nur noch die Frage zu beantworten, „ob sie sich hübsch machen sollte für das Unerwartete, oder ob sie die schönen Kleider lieber schonen sollte für den Tag, an dem es mit größerer Wahrscheinlichkeit geschah“. Wie gesagt, man weiß ja nie, was kommt. Doch angesichts des ständigen Überangebots, das zu Entscheidungen zwingt, muss man manchmal auch den Supermarkt mit leeren Händen wieder verlassen, denn „es hatte nicht viel Sinn, sich mit nichts als einem Karton Eier in die Schlange vor der Kasse zu stellen“. Da feiert man Weihnachten lieber in der eiskalten Wohnung des Exfreundes mit den Resten aus dem Kühlschrank und einem Fremden zur Gesellschaft, der auch nicht zu wissen scheint, was er sonst tun soll. Selbst die Heldin der Titelgeschichte erlebt die „Glückliche Fügung“ eher als Mogelpackung, bei der nur noch nicht sicher ist, wann sie sich als solche offenbart: „Mit Hannes war alles in Ordnung, was Simone, wenn sie ehrlich war, ein bisschen verunsicherte. Bisher hatte sie vor allem Männer mit großen persönlichen Problemen gekannt, die spätestens jetzt, im sechsten Monat, das Weite gesucht hätten oder zumindest täglich betont, hereingelegt worden zu sein. Hannes sagte nichts dergleichen. Er sprach überhaupt wenig [...].“ Stattdessen scheint er sich tatsächlich auf das Kind zu freuen, das während eines One-Night-Stands gezeugt wurde.

Auch wenn Anke Stelling in ihren Geschichten eigentlich nichts Neues erzählt, so tut sie das zumindest mit großem Sprachgefühl. Von daher ist dieser Band durchaus lesenswert, die Geschichten sind Momentaufnahmen des Lebens heute, das manchmal überfordert und, gäbe es das Älterwerden und die Liebe nicht, vielleicht sogar glücklich machen könnte.

 

Katrin Zabel

 

Anke Stelling: Glückliche Fügung. Erzählungen, S. Fischer. 186 Seiten