STELLT EUCH VOR, ES IST KRIEG ...
Von Wolfgang W. Timmler
LARS: In der Zeitung ist ein Bild von einem Hochhaus. Hinter dem Gebäude hat eine Bombe eingeschlagen, und es sieht so aus, als hätten einige Hausbewohner weiße Bettlaken rausgehängt.
MARK: Stimmt. Das könnten weiße Bettlaken sein.
GITTE: Das ist Wäsche, Wäsche auf dem Balkon.
MARK: Denkst du?
LARS: Wahrscheinlich sind das Bettlaken auf dem Balkon, aber dass sie da hängen, halte ich für ein Symbol. Die Hausbewohner wollten damit etwas ausdrücken.
MARK: ”Hier nicht angreifen. Wir ergeben uns.”
LARS: Genau.
GITTE: Die Bettlaken hängen aber nur auf den Balkons, nicht vor den Fenstern.
MARK: Du meinst, das sei Wäsche, die man zum Trocknen aufgehängt hat?
GITTE: Ja.
LARS: Also, ich weiß nicht, ich sehe das anders. Hier hängen die Leute bei Fußballspielen doch auch Transparente vor die Balkons.
MARK: Ich sehe das genauso.
GITTE: Ihr macht euch beide was vor, ehrlich.
LARS: Stell’ dir vor, du bist Kriegsfotograf und suchst ein interessantes Bild, dann würdest du doch auch das Hochhaus aufnehmen, oder?
GITTE: Das ist Wäsche auf dem Balkon.
MARK: Ich finde, man kann das Bild so lesen, wie Lars das tut.
GITTE: Das ergibt aber keinen Sinn.
MARK: Wieso nicht?
GITTE: Bomben kennen kein Pardon.
MARK: Und wenn die Leute dort gegen den Krieg sind?
GITTE: Auf einem Balkon hängen auch bunte Tücher.
LARS: Gut, es ist üblich, Wäsche auf dem Balkon zu trocknen, aber wenn es tatsächlich Wäsche ist, die dort auf den Balkons hängt, dann ist es schlecht um die Symbolik bestellt.
MARK: Ich habe das Bild genau wie du gesehen.
GITTE: Das brennende Gebäude hinter dem Hochhaus ist eine Kaserne. So steht es jedenfalls in der Bildunterschrift.
LARS: Ich habe mir die anderen Gebäude noch gar nicht angeschaut. Das ist also die Kaserne, das flache Gebäude mit der Rauchwolke.
MARK: Ich habe die Bildunterschrift nicht gelesen.
LARS: Ich auch nicht. Ich habe gedacht, das Hochhaus sei eines der typischen Angriffsziele.