1. Juli 2019

Josef Frank: Villa Carlsten

 

Zunächst Sprössling der Wiener Moderne wandte sich Josef Frank später einem eigenen Personalstil zu, der nach mehreren Bauten und Wohnhäusern, die stilistisch noch dem damaligen Detailkanon verpflichtet wirken, in einem seiner neuen Heimat Schweden zugewandten Stil mündeten. Holzhäuser, Inneneinrichtungen und Designs machten Frank bis zu seinem Tod 1967 zu einem wichtigen Exponenten schwedischer Gestaltungskultur. Von 1924 bis 1936 schuf er fünf Ferienhäuserindividuen in Falsterbo, von denen die Villa Carlsten nun in einem eignen Bildband für Park Books neu fotografiert vorliegt. Im Anhang enthält das Buch kurze Texte und einige Originalpläne und Zeichnungen Franks mitsamt verwandten Projekten, die in ihrer fast komischen Wildheit in Sachen Farbe und Fantasieformen ihrem Attribut "design full of wit", wie die Herausgeber bemerken, ziemlich nahe kommen.

Das Herzstück des querformatigen Bandes sind jedoch die zurückgenommenen Aufnahmen Mikael Olssons, die das kleine Haus in verschiedenen Fluchten innen und außen zeigen und in eine reduzierte Ästhetik tauchen. Die wenigen Materialien, die Frank verwendet, Holz, Glas ein wenig Stahl und Backstein, kreisen wie eine Art Epitome um etwas vielleicht gemeinhin als skandinavisch wahrgenommenen Zugriff auf die Wohngestaltung oder Gestaltung allgemein, die erst in neuerer Zeit durchkommerzialisiert worden ist.

Das "witty element" Franks und damit auch sein Durchbrechen jener inflationären Bewegung, sein Der-Zeit-voraus-Sein, sind die abenteuerlichen stofflichen Arbeiten im Haus. Sitzbezüge, Polster oder Vorhänge erinnern mit ihren kreischbunten, gegenständlichen Patterns an Hawaiihemden oder Hipstersocken. Sie sind keineswegs gefällig und obwohl minimal Raum einnehmend, konterkarieren sie die ansonsten sonor fließenden Holzräume der Villa Carlsten scharf.

Die Foto-Reise in dieses bemerkenswerte kleine Haus lohnt sich wie auch die kleinen Ausblicke auf die umliegenden Ferienhäuser Franks auf Falsterbo. Die Fototechnik erinnert an filmische Dokumentationen und es ist sehr angenehm, dass ein Architekturbuch mal nicht zugeknallt ist mit fachplanerischen Plänen, sondern die räumlich-subjektive Erfahrung einer Linse vorgehen lässt.

 

Jonis Hartmann

 

Mikael Bergquist, Mikael Olsson [Hg.] Josef Frank: Villa Carlsten. Park Books. Zürich 2019