27. Mai 2018

In Kunst machen

 

Die Stichworte auf dem Buchrücken heißen autofiktionglamour (motiv)popliteratur,sex (motiv). Ja, stimmt alles. René Hamanns neues Buch Die Suche nach dem Glam,bei der edition taberna kritika 2017 erschienen, hält, was sein Altrosa (und die Stichworte) versprechen. Ein ziemlich trauriges, zugleich kühl-runtergelecktes Sprechen/Gestehen/ Konstatieren eines im weitesten Sinne journalistischen Ichs. Sexuell aufgeladen, allein, allein, auch wenn zusammen, als Betrachtungssammlung. Stets unterwegs, sucht der Autorenblick den Euphemismus aus dem Titel, um seiner eigenen Elendsneurose eine Welt dagegenzusetzen, schreibend. Er schleicht durch Straßen, guckt hinterher, trinkt etwas, schiebt eine Gotische Novellemit ein. Fesselnd und unbestechlich. Man will ihm folgen, dieser Stimmung des Abglanzjagens. Entstanden aus Texten von 2008 bis 2017, als Blog erschienen, zum Teil in Zeitschriften veröffentlicht, umfasst diese Textsammlung ein in sich kohärentes Porträt. Die fast zehn Jahre seiner Entstehungszeit merkt man ihr nicht an. 

Hamann schreibt äußerst ökonomisch und auf den Punkt. Jeder Satz trifft, und doch ist hier kein überanstrengtes Formulieren am Werk. Man kann Die Suche nach dem Glamschnell und langsam lesen, beides funktioniert für sich. Die Texte sind unterbrochen durch Fotoeinschübe, aus der Hand geschossene Aufnahmen von Flugzeugspuren an blauen Himmeln über distanzierten Gebäuden. Sie sind wie die sie umgebenden Texte: Glamweh blickt durch. Die zweite Unterbrechungsebene sind Lektüren von Autoren wie Lacan, Bourdieu oder Badiou. Einzelne Textstellen finden den Weg hinein. Auch sie, wie die Fotos, konstatieren auf anderer Ebene die Essenzen des Fließtexts. Alle drei Komponenten ergeben zusammen einen starken Trip in die Feder dieses Auto-Ichs, dem man vieles im Verlauf wünscht, und zusammen geht man ernüchtert weg. Dazwischen liegen surreale bis zynische, stark beobachtete und verblüffend einfach dargebrachte Beobachtungen, oft in lyrisch verfremdeten Aussagesätzen. Ein für seine Kürze erstaunlich prall gefüllter Band. Er hat Aufmerksamkeit verdient.

 

Jonis Hartmann

 

René Hamann: Die Suche nach dem Glam, edition taberna kritika, Zürich 2017 

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