24. März 2018

Come in Colours

 

"Mine is a greedy eye, hungry for anything of interest." John Pawson hat bei Phaidon eine neue Monografie herausgebracht. Spectrum ist sie betitelt und nach Minimum oder A visual Inventory ein neuer Bildband. Weitaus abstrakter als seine Vorgänger kommt bei Spectrum nicht das Ablichten des eigenen Oeuvres in mehr oder weniger bildkünstlerischer Weise zum Zug, was bei Architektur als Raumkunst ihre entscheidende Vieldimensionalität ausblendet und es so schwierig macht, über sie verlässlich in allen Dimensionen zu befinden, sondern das Buch ist explizit ein konzeptuelles Werk der Fotografie. Pawson spannt den Spektralfarbenbogen mit einer nüchtern gereihten Sequenz von Bildern, die er mehr oder weniger schnell und doch stets behutsam abgelichtet hat. Mal aus der Hand geschossen, zu allen Jahres- und Tageszeiten, aus der Luft, beim Spazieren oder beim geduldigen Beobachten. Es geht weniger um Räumlichkeit oder eigene Werke als um die eigene Kameralinse und das Nachempfinden der spektralen Sequenz. Auf hochwertigem Papier, mit kleinem Einführungstext und ernstem quadratischen Format geht der Band seinen eigenen Weg zwischen Detail, Fläche und größerem Maßstab. Es gelingt Pawson mit kleinen Mitteln und einem kompositorisch sicherem Auge und dem exakten Gefühl für die Kraft der Reihung, eine bemerkenswert konzise Folge von Bildern zu schaffen, von denen viele einzelne möglicherweise nicht diese Kraft besäßen, wenn sie außerhalb der Sequenz stünden. Doch innerhalb steckt in ihnen so etwas wie die ganze Welt als Möglichkeit. Pawsons Linse ist gierig und hungrig. Von Tottenham bis Petra, Japan oder Wales, auch oft an denselben Orten findet Pawson großartige Farbnuancen, die der Band meditativ katalogisiert. Interessant ist, dass bei John Pawsons eigenem immens erfolgreichen Architekturansatz die Farbe eigentlich überhaupt keine Rolle spielt, außer abgeblendet zu sein, um durch Weiß oder in der Naturmaterialfarbe die jeweilige Umgebung in den farblichen Fokus zu rücken. Hier in diesem Fotografieband erweist er sich hingegen als geradezu obsessiv von ihr besessen. Die verschiedenen Grade an Sattheiten, die möglichen Patterns, das unterschiedslose Reihen von Kunst- wie Naturfarben drängen die Welt, wie sie ist, in einen Wie-sie-gesehen-werden-kann-Status. Pawsons Sinnlichkeit hilft, über überraschende Abstraktionen und Monochromitäten nachzudenken, die wesentlich präsenter scheinen, als es das Alltagsauge wahrhaben mag.

 

Jonis Hartmann

 

John Pawson: Spectrum, Phaidon, London 2017

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