24. Oktober 2017

Body of Work

 

Bei dem bibliophil operierendem Verleger Lars Müller ist ein englischsprachiges Buch von David Adjaye erschienen: Constructed Narratives. Erneut herausgegeben von Peter Allison ist es nach u. a. Houses und Africa: Architecture keine weitere thematische Monografie, sondern ein, wie es im Vorwort heißt, "Body of Work", eine Werkkörper-Monografie, die alle Stationen von David Adjayes inzwischen umfangreicher Arbeit auf allen Maßstäben versammelt. In zehn Clustern mit Essays von dem ghanaisch-britischen Architekten selbst werden Zusammenhänge und gemeinsame Stränge von Adjayes Ansätzen auf den Punkt erläutert. In "leichter Zusammenstellung", wie es heißt, in bewährt übersichtlichem und zugleich attraktiv gestaltetem Lars Müller Publishers Design von Text und Bild, eröffnet sich als Rundlauf die Schau über Möbeldesign, Inneneinrichtung, Ausstellungsdesign, Häuser, Wohnungsbau, Geschäfts-, Museums- und Bibliotheksbauten des Architekten, der von jeweils unterschiedlichen Blickwinkeln auf sein Werk schaut, die neuesten Projekte inbegriffen, und auch von anderer Perspektive auf dasselbe Gebäude schaut. Es kommt dennoch nicht zu Wiederholungen, sondern stets neuen Betrachtungsweisen. Adjayes Sprache ist einfach und bescheiden, sie geht präzise auf den Punkt, ohne allerdings neueste (theoretische) Erkenntnisse zu liefern. Es geht eher darum zu klären, wie Entwurfs-, Lern- und Wachstumsprozesse ineinandergreifen. So ist zum Beispiel sehr aufschlussreich die Fotoserie aus Adjayes früherem Buch Africa: Architecture, bei der Adjaye Snapshots aus allen Metropolen des Kontinents gesammelt hat, die als Ausschnitte hier so geschickt gewählt sind, dass sie längst aussehen, als wären sie Gebäudeideen oder Details von Adjaye selbst, und tatsächlich, nur wenige Kapitel später trifft man bei seinen eigenen Projekten auf ebenjene Ideen, transformiert und adaptiert. Leser können sich einen hervorragenden Überblick über das Werk Adjayes verschaffen, und es fällt leicht, den gesamten Werkkorpus nach Schwächen und Stärken zu untersuchen auf dessen speziellen Ansatz der edlen, glänzenden Materialität und spektakulären Lichtinszenierung, der in vielen hauptsächlich öffentlichen, musealen, kommerziellen Gebäuden hervorragend funktioniert, jedoch aufgrund der ihm eigenen Kälte im Wohnbereich nicht immer zu überzeugen vermag. Die versammelten Fotos und wenigen Pläne (Kerngeschosse und -schnitte) seiner leuchtenden "Urban Artefacts" sind vorzüglich gewählt und machen neugierig auf mehr – einige können allerdings nur Aha-Erlebnisse der komplexen Räume Adjayes sein, sodass weitere Recherche unerlässlich bleibt. Die zusätzlich beigefügten Skizzen allerdings wirken seltsam uninspiriert bzw. besitzen bei Weitem nicht die klare und unverwechselbare ästhetische Dimension und Strahlkraft von Adjayes Architektur. Insgesamt ist die Werkmonografie David Adjayes zu empfehlen, zeigt sie doch in überzeugender Edition alle Stationen und Themenbereiche des Architekten und überlässt vor allem ihm selbst die Analyse seiner Bauten und visuellen Vorlieben. Ein kohärenter und ehrlicher Band Architekturliteratur.

 

Jonis Hartmann

 

Peter Allison [Hg.] David Adjaye. Constructed Narratives. 978-3-03778-517-1. Lars Müller Publishers. Zürich 2017