27. Februar 2017

Nachrichten aus dem laufenden Betrieb

 

Eine Schwarz-Weiß-Fotografie von Alexander Rischer. Es könnte ein befremdliches Postkartenmotiv sein, sozusagen der »Ausreißer« in einem klapperigen Drehständer mit Ansichtskarten von Orgelprospekt, Portal und Fassade im Vorraum einer Dorfkirche irgendwo im Norden. Es ist keine Postkarte.

Das Bild zeigt einen Mann, der sehr aufrecht in einem Schlafsack zu hocken scheint, mit zum Gebet erhobenen Händen, oder dreht er sich eine Zigarette? Es ist Jona im Walfisch. Er schaut so arglos aus dem Maul des Meerungeheuers heraus, als spräche ein Ministrant sein Nachtgebet. Sein Habitus gleicht ansonsten dem junger vollbärtiger Männer europäischer Großstädte, irgendwie spackig, aber nicht unattraktiv.

Das Aufspüren und Verschneiden profaner und sakraler Elemente gehört zu Alexanders Spezialbegabungen. Interessant ist, dass er bei dieser Arbeit keine Kalauer produziert (wie etwa »Jona im Mumienschlafsack«, so etwas sagt ja nur dieser Text). Der Fotografie bleibt riesiger Spielraum in Richtung Ernst, aber eben auch in Richtung Albernheit. Solche Bilder sind antielitär und voraussetzungsvoll – was man im Bild bemerkt, ist keiner Rangfolge unterstellt. Vorausgesetzt man will überhaupt was sehen, denn wer weder eine Jugendherbergsszene assoziieren kann noch die Geschichte von Jona kennt noch irgendetwas anderes erfinden mag – sei es allgemeine Jungmännerschelte oder ein Vergleich zwischen der rückläufigen Artenvielfalt bei Seeungeheuern und der immer weiter wachsender Fülle von Campingutensilien, hat es schwer.

Kunst anschauen funktioniert ähnlich wie Bilder herstellen: opportunistisch. Ohne pädagogisches Anliegen, Expertenwissen und sicheren Stand. Operierend im Namen einer Affinität, die sich erst noch herausbilden wird. Immer auf Gelegenheiten aus, die passieren werden – ganz sicher!

Peter Rühmkorf erklärte die Arbeitsweise seines Kollegen Werner Riegel als eine Verrücktheit, die diesen ergriffen hätte: als »den verrückten Traum von einer Wiedergeburt der Unschuld aus dem Geiste der Reflexion«. Das trifft auch die Sache von Alexander Rischer ganz gut.

Am 4. März ab 20.00 Uhr eröffnet eine Ausstellung mit Bildern von Alexander Rischer und Achim Hoops bei Feinkunst Krüger in Hamburg.

(Nora Sdun, 27. Februar 2017)


www.feinkunst-krueger.de