21. Oktober 2015

SKURRIL, DURCHGEKNALLT UND MEGAIRONISCH

 

Wir gratulieren Frank Witzel zum Deutschen Buchpreis 2015!

 

Vom Literaturbetrieb wusste Frank Witzel in seinem Roman »Vondenloh« schon einiges Unterhaltsames und Abgründiges zu berichten.

 

 

Klappentext

 

So waren es weder Leichtsinn noch eine Form der falschen Denunziation, die mich den Namen Peter Handke auf ein Stück Papier schreiben und dieses Papier in einen Umschlag stecken ließen. Vielmehr hatte ich das Gefühl, mit dieser Handlung wenigstens einen einzigen der vielen unfertigen Stränge und Anknüpfungspunkte zwischen Helga und mir zu konkretisieren und damit zu einem Ende zu bringen. Kein Mensch kann immer nur in Vermutungen leben, und manchmal ist eine ausgesprochene Vermutung, auch wenn sie vielleicht nicht der Wahrheit entspricht, weniger quälend als ein ewig verschwiegener Zweifel.

 

Frank Witzel zur Entstehung seines Romans: weiterlesen 

 

 

Verlagsankündigung

 

Warum schreibt die Schriftstellerin Bettine Vondenloh niemals Romane über 120 Seiten? Steckt tatsächlich nur eine Maximumklausel in ihrem Autorenvertrag dahinter? Oder der prägende Einfluss von Peter Handkes Kurzem Brief zum langen Abschied (zumindest wenn dessen zweiter Teil im Klosett gelandet ist)? Oder hat es doch etwas mit den geheimnisvollen Ausflügen zu tun, von denen sie einst mit einem kugeldurchlöcherten Wagen zurückkam? Das sind nur einige der Fragen, mit denen sich der Erzähler dieses Romans konfrontiert sieht. Dabei versucht er doch nur, Kontakt zu seiner verschollenen Jugendliebe Helga aufzunehmen.

Frank Witzels hinreißend komischer Roman »Vondenloh« kombiniert die wenig beachtete Form des Literaturbetriebskrimis mit der zu Unrecht anstaubenden Gattung der Dorfgeschichte: Ein gigantischer Wal beginnt gehörig zu stinken, die Psychoanalytiker Ernest Jones, Jacques Lacan und Wilhelm Reich entkommen knapp einem gefährlichen Sturz, eine riesige Wachsstatue des Reichsführers Himmler offenbart ihr Innenleben, und eine extravagante Schriftstellerin hat gehörig Probleme mit dem Älterwerden. Zum Glück gibt es noch Siegfried Lenz. Auf den alten Ostpreußen scheint jedenfalls mehr Verlass als auf Witzels Erzähler. Immerhin: Jedes Mal wenn man glaubt, er verliere sich endgültig auf den Ab- und Umwegen seiner Geschichte, rettet er sich und die Leser mit einer absurden Volte in die nächste Bredouille.

 

Rezension aus dem Erscheinungsjahr:

 

Das skurrilste, durchgeknallteste, ironischste Buch dieses Herbstes heißt „Vondenloh“ und stammt von dem in Offenbach am Main lebenden Autor Frank Witzel. In überraschenden Volten wird darin die Geschichte von Helga Dahmel erzählt, die als Bettine Vondenloh über Nacht die literarische Welt erobert, aus ihrer Vergangenheit aber ganz divenhaft ein Geheimnis macht. Man ahnt bald: Hinter ihrer Eitelkeit dräut eine dunkle Lebensgeschichte. Der Erzähler von Witzels zischen überdrehtem Krimi und Satire changierenden Roman ist ein Jugendfreund von Helga und ein Exeget von Bettines Werk.

Der 1955 geborene Frank Witzel, der bereits zwei wunderbare und verwunderlicherweise wenig beachtete Romane veröffentlicht hat, schraubt die Absurditäten mit geradezu heiterer Gelassenheit in die Höhe bis hin zu einem pseudowissenschaftlichen Anhang: In manieriertem Tonfall ist das erzählt, und wir kommen Bettine immer weiter auf die Spur und können zugleich die Usancen des Literatubetriebs immer weniger ernst nehmen.

Ulrich Rüdenauer, meier, Das Magazin für das Rhein-Neckar-Delta, 2008

 

Frank Witzel: »Vondenloh«, Textem Verlag 2008, 220 Seiten, 18 €

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Frank Witzel