5. Januar 2004

Wo Fremde auch nur Heimat ist

 

Manchmal hat man den Verdacht, dass die Vereinigten Staaten sich mit der Droge Hollywood dafür rächen wollen, dass nicht sie selbst die Neue Welt entdeckt haben. Da es mit der Selbstentdeckung also nicht geklappt hat, schwärmen die zu spät Gekommenen aus, um den anderen zu zeigen, dass eigentlich Amerika überall ist und die anderen das nur noch nicht gemerkt haben.

Solche Verwandtschaftsverhältnisse können für einen Polizeifilm wie diesen nicht ohne Konsequenz bleiben. Denn wenn man schon wie Nick (Michael Douglas), Inspektor in New York, ein leidenschaftlicher Ausmister ist, muss man auch ein wenig den Stallgeruch mögen, in dem man sich dabei bewegt. Nick wird vorgeworfen, selber Mist gebaut zu haben, bei der Sicherstellung von Drogengeld habe er Geld mitgehen lassen. Grund genug, ihn auf Reise zu schicken, er und sein Kollege Charlie (Andy Garcia) sollen ein Yakuza-Tier, Sato, nach Japan überstellen, das man in New York, vor allem dank Nicks Einsatz, fassen konnte.

Da das Unterscheidungsvermögen in fremden Ländern erst mal schlecht ausgeprägt ist, lassen Nick und Charlie sich den dicken Fisch in Tokio von der japanischen Mafia noch im Flugzeug abluchsen, aber erst vor diesem Hintergrund kann Japan zu Amerika werden. Zwei Direktiven sind dabei zu befolgen, erstens: Was du angefangen hast, führe auch zu Ende; zweitens (der eigentliche amerikanische Imperativ): Verlasse so schnell wie möglich den Beobachterstatus, um in den Handlungsmodus überzuwechseln.

Keine Frage, dass die beiden US-Cops erst mal von niemandem richtig Ernst genommen werden nach dem peinlichen und doch so nachvollziehbaren Echec. Außerdem benehmen sie sich schlecht. Vor allem Nick, dessen vulgäre Sprache Gott sei dank niemand kapiert und die Charlie immer zu entschärfen versteht. Immerhin dürfen sie dableiben und zukucken, was die japanische Polizei nicht unternimmt. Ein Officer wird extra für sie abgestellt. Nick-San knüpft ihn sich vor und erzählt ihm von amerikanischem Unternehmensgeist. Die unlesbare Welt bleibt genauso unlesbar wie zuvor, aber Nick wäre nicht Amerikaner aus Hollywood, wenn er den Stempel nicht dabeihätte. Natürlich haut er damit erst mal gehörig daneben, was den Effekt hat, dass der arme Officer von seinem Vorgesetzten abgestraft wird und Charlie-San im Nahkampf ausgerechnet mit motorradfahrenden Yakuza fällt.

All das macht Nick-San nur stärker und härter. Die japanische Polizei setzt ihn ins Flugzeug nach New York? Nick steigt kaltschnäuzig wieder aus. Nimmt endlich direkt Kontakt auf mit einem ganz hohen Tier der Mafia und versucht diesem zu verstehen zu geben, dass die einzige Rettung dieses Tiers Nick sei, ohne -San. Endlich beginnen diese Leutchen, auf die Stimme Amerikas zu hören. Wobei sie ja nichts anderes tun, das war die Prämisse, als sich selbst zu lauschen. Der innere Frieden gleich mit dem äußeren. Japanische Barbarismen löschen sich flugs selbst aus (die eklige Sache mit dem Finger), und nachdem Nick zeigen durfte, dass er in Japan das Motorradfahren nicht verlernt hat, geht es nach Hause, mit dem Fang Sato, nachdem auch der Officer mit dem amerikanischen Way of life (lie) vertraut gemacht werden konnte und am Ende nicht mehr so moralinsauer auf kleine Übertritte zu sprechen kommt. Denn am Ende zählt das Große Ganze, und wo das ist, lassen wir uns immer wieder gerne in Filmen wie diesen vorführen.

 

Dieter Wenk

 

<typohead type=2>Ridley Scott, Black Rain, USA 1989</typohead>