9. Mai 2013

Der Traum vom großen roten X

 

Gene können eine Generation überspringen. Träume offenbar auch. Sam Weems ist ein erfolgreicher Astronaut und Planetenforscher, Exobotaniker und echter Held. Auf einem fernen, gleich zwei Sonnen umkreisenden Planeten füllt er seine interstellare Botanisiertrommel nicht nur mit pflanzlichen Funden, er entdeckt außerirdisches Leben: ein wunderschönes Alienmädchen mit großen Augen, in denen er im kurzen Moment ihrer Begegnung mehr Wunder erblickt als im ganze Universum. Nach Jahren des Kälteschlafs zurück auf der Erde angekommen, glaubt ihm niemand seine Geschichte. Niemand, bis auf den fantasiebegabten Enkel Sam, der nicht nur nach seinem Großvater benannt ist, sondern auch sonst viel von ihm geerbt hat. In Destination X erzählt der kanadische Cartoonist und Comiczeichner John Martz seine Geschichte. 

Der Junge richtet sein ganzes Leben darauf aus, den verlorenen Planeten X wiederzufinden. Doch die Wiederentdeckung glückt nicht ihm, sondern unverdient einer Arbeitskollegin, in die er sich obendrein verliebt. Er verdankt es nur Ihrer Großzügigkeit, dass er die Chance erhält, mit ihr zu dem geheimnisvollen Planeten zu reisen, um dort die Geschichte des als dementen Wirrkopf verunglimpften Großvaters endlich, endlich zu beweisen. Auf der Startrampe macht er ihr einen Heiratsantrag, doch sie weist ihn ab. Aber, so viel darf verraten werden, am Ziel X angekommen, gibt es ein Happy End, wenn auch nicht so wie erwartet.

Mann liebt Frau, Frau liebt Mann nicht: Das ist nicht neu, doch hier wird die Geschichte mit schönen, bescheidenen Bildern sehr fein erzählt. Wo immer es geht, überlässt es Martz zeit- und wortlosen – aber umso ausdrucksstärkeren – Bildern und der Fantasie des Lesers, sich die Geschichte auszumalen. Der unaufgeregte Stil und die dezente Farbgebung mit nur einem Lavendelton als Schmuckfarbe hilft dabei, trotz oder vielleicht gerade wegen der Kürze des (von Sam Arthur und Alex Spiro schön gestalteten) Büchleins, in eine träumerisch-kontemplative Stimmung zu geraten. 

 

Christian A. Bachmann
(www.christian-bachmann.de)

 

John Martz: Destination X. London, Nobrow Press 2013

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