9. Juli 2011

Gespräch mit Marc Brandenburg

Marc Brandenburg (* 1965) Untitled (Selbstportrait), 2007 Graphit auf Papier, 41,3 x 30,5 cm © Privatsammlung Salzburg; Marc Brandenburg
Marc Brandenburg (*1965) Untitled, 2007 Graphit auf Papier, 42 x 30 cm © Hamburger Kunsthalle; Marc Brandenburg
Marc Brandenburg (*1965) Untitled, 2010 Graphite on paper, 42.9 x 31.4 cm © Courtesy Galerie Thaddeus Ropac Paris/Salzburg; Marc Brandenburg
Montblanc Staircase Gallery

»Ich verstehe das Konzept der Entspannung nicht.«

 

Marc Brandenburg ist Künstler. Das Medium Zeichnung dient ihm oft als Ausgangspunkt, sodass viele seiner Arbeiten durch verschiedene Reproduktionstechniken inzwischen andere Formen angenommen “haben“. So entstanden Foliendrucke, sowie Siebdrucke auf Glas und Papier. So dienten ihm Zeichnungen auch als Vorlagen für Strickstoffe oder erschienen auf Plakatflächen und als Porzellanarbeiten. Marc Brandenburg wurde 1965 in Berlin geboren und stellt seit über 2 Jahrzehnten regelmäßig international aus. Wir treffen uns am Abend den 27. 4. 2011 im Fleury, im Weinbergsweg, Berlin-Mitte.

Anlass für dies Interview sind seine zwei Ausstellungen in Hamburg. 15. Juli bis 9. Oktober 2011, Kunsthalle Hamburg – Saal der Meisterzeichnungen und Montblanc-Stairecase-Gallery, Hellgrundweg 100, 22525 Hamburg

 

Wie geht es Dir heute?

 

Marc Bandenburg (MB): Ganz gut. Ich stecke in den Vorbereitungen zu mehreren Ausstellungen, und das meiste wäre geschafft. Insofern habe ich ein gutes Gefühl.

 

Wann bist Du heute aufgestanden?

 

MB: Halb zehn. Ich war aber auch erst um vier im Bett. Ich schlafe leider immer zu wenig.

 

Wann stehst Du für gewöhnlich auf?

 

MB: Halb zehn ist durchschnittlich meine Zeit. Ich bin eher nachtaktiv und gehe niemals vor drei ins Bett.

 

Wann arbeitest Du denn gewöhnlich?

 

MB: Nachts. Da kann ich wesentlich besser arbeiten. Dann fühle ich mich glasklar.

 

Wie lange zeichnest Du für gewöhnlich?

 

MB: Früher konnte ich ohne Pause zehn bis zwölf Stunden arbeiten. Das klappt leider wegen Termindruck nicht mehr. Dieser Druck nimmt Einfluss auf meine Konzentrationsfähigkeit. Heute brauche ich nach drei Stunden eine Pause, um mich wieder zu sammeln.

 

Nervt Dich der Termindruck?

 

MB: Es hat alles seine Vor- und Nachteile. Termindruck heißt, dass ein Interesse besteht. Ich bin aber gerade an einem Punkt, an dem ich mich wieder ausschließlich auf das Arbeiten konzentrieren und Neues entwickeln will.

 

Wie ist das beim Zeichnen, hörst Du nebenbei Radio, siehst fern oder DVDs?

 

MB: Nein, aber ich höre eigentlich immer Musik. Plattenspieler an, ist morgens die erste Handlung.

 

Welche Musik hörst Du zurzeit?

 

MB: Ich habe einen sehr breit gefächerten Musikgeschmack. Meine Sammlung besteht aus ungefähr 7500 Schallplatten, 1800 Tapes und ein paar Hundert CDs – eine überflüssige Erfindung. Also, jedenfalls passiert es, dass ich vergesse, bestimmte Platten schon gekauft zu haben. Manchmal ziehe ich nach einen Zufallsprinzip einfach irgendwo eine Platte raus. Im Moment höre ich viel Tiny Tim, The Free Design, 50 Foot Hose, Comus und nach wie vor Animal Collective. Ich höre Altes und Neues, wie z. B. Moritz von Oswald, für den ich auch das Innencover der vorletzten Platte gestaltet habe und mit dem sich darüber hinaus eine gemeinsame Installation ergeben hat, die dann in meiner letzten Berliner Ausstellung zu sehen und hören war.

 

Siehst Du DVDs nebenbei?

 

MB: Nicht beim Arbeiten, aber ich liebe Dokumentationen. Die letzte hieß „White Terror“. Tolle Unterhaltung über verschiedene rassistische Gruppierungen weltweit. Herrlich.

 

Radio?

 

MB: Sehr selten.

 

Wie sieht Dein Ordnungssystem bei so vielen Platten aus?

 

MB: Bei der Menge geht es nicht ohne System. Es gibt ein Fach, bestehend aus ungefähr 1500 Platte, die sozusagen Lieblingsplatten sind. Sehr viel Obskures, alte Elektronikplatten, Kraut, wie z. B. Cluster, Schnitzler, Asmus Tietchens. Dann viele wie beispielsweise Chrome, Throbbing Gristle, Moondog, Arthur Russell, Nyman, Flying Lizards, Associates, AR Kane, Silver Apples, bestimmte Stockhausen-Platten, White Noise, USA, die erste EP von Industry, übrigens die Einzige von denen, die was taugt. Dann gibt es ein Fach Rock, Pop, Soul und Disco. Natürlich alphabetisch geordnet, sonst ist man verloren. Es gibt keine Unterteilung in schwarze und weiße Musik. So stehen Platten von Julie Driscoll zum Beispiel bei Soul.

 

Wie recherchierst Du in Bezug auf Musik. Liest Du Musikzeitschriften?

 

MB: Schon. Auf Grund von Rezensionen kaufe ich aber keine Platten. Es gibt eher ein Interesse, was über Platten, die ich schon besitze, geschrieben wurde. Mich interessieren Querverweise und Zusammenhänge, die durch bestimmte Musiker entstehen und über die man Neuentdeckungen machen kann. Ein Beispiel ist Marc Hollander, Teil der belgischen Musikszene, Gründungsmitglied der Gruppe Akak Maboul und dem Label Crammed Records. Wenn dieser Name auf einer Platte steht, wird die auch ungehört gekauft.

 

Hast Du Leute, mit denen Du dich über Musik austauschst?

 

MB: Wenige. Die meisten sind auf bestimmte Genres beschränkt. Aber es gibt Ausnahmen. Vor Kurzem habe ich eine junge, 25-jährige  Irin beim Auflegen kennen gelernt, die fast jede der obskuren Platten, die ich gespielt habe, kannte. Darüber haben wir uns angefreundet. Es macht einfach mehr Spaß aufzulegen, wenn man das Gefühl hat, es wird gewürdigt, und es ist ein Ansporn, diese Person vielleicht auch auf etwas Neues aufmerksam zu machen.

 

Kaufst Du Schallplatten auch, um anderen Deine Musik vorzuführen?

 

MB: Nein. Ich bin auch kein DJ in dem Sinn, dass nahtlose Übergänge das Wichtigste sind, sondern Musikliebhaber, der ab und zu auflegt. Ich möchte auch nicht den Druck haben, Leute zum Tanzen bringen zu müssen. So wird, wenn ich gefragt werde, ob ich auflegen würde, auch jeder sofort gewarnt.

 

Wie hoch war der höchste Preis, den Du für eine Schallplatte bezahlt hast?

 

MB: Fast 200 Euro. Das war die Originalpressung einer Gary-Wilson-Platte, samt einem Brief an seinen Landlord von 1977. Auch diese kannte die Irin übrigens. Die Teuerste 12inch „It looks like love“ von Vincent Montana Jr.

 

Wo zeichnest Du?

 

MB: Die großen Zeichnungen entstehen im Atelier zu Hause. Das Papier wird an die Wand getackert. Mit den kleineren Arbeiten bewege ich mich durch die Wohnung, mit der Zeichenmappe als Unterlage. Ich konnte mich nie an die Idee eines Zeichentischs gewöhnen. Ich brauche Mobilität.

 

Benutzt Du unterschiedliche Bleistifthärten?

 

MB: Ja, in den Härten HB, 5B, 2H, wobei HB am häufigsten zum Einsatz kommt.

 

Kannst Du das Gefühl nach dem Zeichen beschreiben?

 

MB: Nach einer längeren Session fühlt man sich ein bisschen wie im Drogenrausch und sieht auch ziemlich weggetreten aus. Ich bin schon des Öfteren, von Bekannten die mich unmittelbar danach angetroffen haben, gefragt worden, ob ich high bin. Ich liebe es.

 

Trinkst Du Alkohol beim Zeichnen?

 

MB: Nee. Ich trinke grundsätzlich nicht. Es ödet mich an.

 

Fühlst Du Dich manchmal einsam beim Zeichnen?

 

MB: Nein. Das Gefühl von Einsamkeit kenne ich nicht. Ich verbringe ungefähr 80 Prozent meiner Zeit bewusst alleine, darüber hinaus sind alle Begegnungen eher zufällig. Ich verabrede mich auch nur äußerst ungern.

 

Welche Hilfsmittel benutzt Du, zum Beispiel bei Deinen Verzerrungen?

 

MB: Meinst Du, ob ich mit dem Episkop arbeite? Nein. Der Vorgang sieht so aus, als Erstes werden Fotos geschossen, dann manipuliert, dann am Kopierer invertiert und als Nächstes am Computer gestreckt. Wobei das Strecken nach einem fast mathematischen Prinzip passiert, um vorzubeugen, dass die Formen designt wirken und das ganze Ergebnis konstruiert erscheint. Es sind ungefähr 5% der Vorlagen Fremdmaterial, also gesampletes Material das ich mir zu eigen mache und in die Serien einfließt. Im Grund ist es das gleiche Prinzip, das man von der Musik her kennt.

 

Es gibt von Sigmar Polke verzerrte Kopien, die während des Kopierprozesses entstanden.

 

MB: Bei mir entstehen die Verzerrungen ausschließlich am Computer. Bestimmte, zu verzerrende Strecken werden festgelegt, sodass die endgültige Form zufällig entsteht und man nur einen technischen Schritt wahrnimmt. Das Ergebnis dient dann als Vorlage für eine Handzeichnung. Alle technischen Schritte sind Zwischenschritte, und ich bin dann eine Art menschlicher Kopierer.

 

Hast Du vorher ein Thema oder ein bestimmtes Bild im Kopf?

 

MB: Als Überbegriff würde ich „Urbanität“ mitsamt ihren neurotischen, überzuckerten, brutalen Menschen gelten lassen. Eigentlich sind die Themen immer die gleichen; Macht und Machtverlust, Homophobie, Sexismus, Rassismus, Kapitalismus und die sich daraus ergebenden Probleme, nur die Form der Präsentation variiert und verändert sich stets. Alles wird schließlich Teil eines Ornaments.

 

Oft benutzt Du Zeichnung als Basis für Porzellan, Plakatwände, Stoff, Kopien, Aufkleber. Welchen Wert, vielleicht auch Erkenntniswert, haben diese Produkte für Dich?

 

MB: Bernhard Willhelm hat beispielsweise Motive von mir benutzt als Vorlage für einen Strickstoff. Ich bin immer offen für neue Bildträger. Das ist einfach aufregend.

 

Geht es Dir auch darum, der Zeichnung das Exklusive zu nehmen?

 

MB: Nein, darum geht es überhaupt nicht. Außerdem bleibt die Zeichnung ja als Unikat bestehen. Die Reproduktionen sehe ich auch nicht als Beiprodukte, sondern als eigenständige Arbeiten. So habe ich ein Arbeitsarchiv auf das ich immer wieder zurückgreifen kann. Wie beispielsweise für die transparenten Aufkleber. Diese Aufkleber haben eine Funktion und werden dadurch zum Original. Es ist etwas anderes wenn ich jemand ein Motiv zur Verfügung stelle und es 1/1 reproduziert wird. Sagen wir mal für ein Buch- oder Schallplattencover. Das ist reine Reproduktion.

 

Ist es für Dich eine Art „formales Denken“, die eigenen Arbeiten anderen Bedingungen ausgesetzt zu sehen?

 

MB: Ja, das kann man so sagen.

 

Dass Du Deine Zeichnungen unter Schwarzlicht zeigst, halte ich für eine echte Erfindung im Ausstellungsbetrieb. Wie bist Du da drauf gekommen?

 

MB: Ganz einfach. Also ich bin ein großer Fan von einfachen Ideen. Es passierte, als ich im Kumpelnest mit soeben gekauftem Papier unterm Schwarzlicht stand und dachte ... mmmmm ... außerdem ist es eine gute Art, die bekannten Mechanismen und Rituale auf Eröffnungen, erst einmal Bekannte und Weißwein zu suchen, zu unterwandern und die Kunst an erster Stelle zu platzieren, wenn die Besucher einen nur mit Schwarzlicht beleuchteten Raum betreten. Das ganze kann auch einen performativen Charakter bekommen. So wurde bei einer Ausstellung 2003 das Schwarzlicht erst angeschaltet, als die Ausstellung schon voller Besucher war, und dann gab es Applaus.

 

Wie bist Du auf die Idee gekommen, Negativ-Zeichnungen zu machen?

 

MB: Ich liebe vor allem psychedelische Plattencover aus den Sechzigern. Solarisationen waren dabei ja ein häufiges Stilmittel. Das hat auf jeden Fall zur Ästhetik meiner Arbeiten beigetragen. So war die Umkehrung der erste Schritt in Richtung Abstraktion. Ich arbeite ja ausschließlich mit gegebenen Alltagsbildern, dies Dokumentarische und gleichzeitig eine Fremdheit, die außerdem auf die technischen Schritte aufmerksam macht, wollte ich beibehalten. So war die Umkehrung ein absolut logischer erster Schritt für mich. Dann folgten die Verzerrungen. Inzwischen isoliere ich Ausschnitte von gezerrten Strecken, die so keinen Anhaltspunkt über deren Ursprung mehr erkennen lassen. Es bleibt unklar, was man eigentlich betrachtet. Es sind sozusagen codierte Bilder.

 

Das Negativ-Bild ist ja bei der Analogfotografie das Vorbild zum Positiv und für ältere Leute eine ganz konkrete Erfahrung. Wie lesen jüngere Menschen, die mit Digitalfotografie groß geworden sind, diese Arbeiten? Heute gibt es ja nur noch diesen Computerbutton, auf dem „negativ“ steht.

 

MB: Keine Ahnung, wie die das lesen. Tatsache ist, dass es diese Funktion, warum auch immer, am Computer gibt. Es kommt immer wieder vor, dass Bekannte die Negativ-Zeichnungen am Computer erneut in negativ umkehren. Das Ergebnis ist dann natürlich positiv.

 

Welche Rolle spielen Fotos für Dich?

 

MB: Fotografie ist eine der tollsten Erfindungen aller Zeiten, ohne wäre ich vielleicht auch aufgeschmissen. Trotz allem bin ich kein Fotograf. Fotos dienen mir lediglich als Werkzeug.

 

Wie gehst Du mit dem Fotoapparat um, hast Du immer einen dabei?

 

MB: Da ich ein iPhone besitze, kann ich diese Frage mit ja beantworten. Der Fotoapparat ist auch ständig im Einsatz. Ich fotografiere ja seit Jahren Kotzelachen. Die Menschen scheinen diesen Drang zu verspüren, überall ihre Spuren zu hinterlassen oder Terrain zu markieren. Darüber bin ich natürlich sehr erfreut und habe inzwischen eine Riesensammlung Kotzelachenfotos. Diese dienen mir als Vorlage für Bodenarbeiten. Die erste wurde letztes Jahr bei meiner Ausstellung im Denver Art Museum gezeigt. Die Bodenarbeit war, als ich ankam, mit „Untitled“ beschriftet. Bis ich die Museumsleute aufklärte, dass diese Arbeit ausnahmsweise doch einen Titel hat, nämlich „Vomit“. Danach wurde sie sofort anders betrachtet. Vorher war es für sie bloß irgendeine schöne Struktur. Natürlich werde ich des Öfteren komisch angesehen, wenn ich aufgeregt über einem Haufen Erbrochenem stehe und drauflos knipse.

 

Das schafft eine gute Überleitung zur nächsten Frage. Wie lange hast Du in Kreuzberg gewohnt? Und vermisst Du die Kotzelachen dort?

 

MB: Ich bin 1996 aus London zurückgekommen und habe bis 2008 in Kreuzberg gewohnt. Seit 3 Jahren bin ich in Mitte. Und hier sieht man morgens mehr Kotze, dank der ganzen Hostels.

 

Du hast neben dem Zeichnen immer in Bars und Diskotheken gearbeitet. Machst Du das noch?

 

MB: Der letzte Ort war das Berghain. Wenn ich wollte, könnte ich noch meine zwei Schichten im Monat wahrnehmen. Ich komme leider nicht mehr dazu. Es hat immer großen Spaß gemacht, weil das Berghain in einer langen Tradition mit Clubs, in denen ich mich sowieso aufgehalten hätte, steht, auch ohne Bezahlung. Das liegt an der Art, wie der Club geführt wird. Ich bin seit 30 Jahren durch das Nachtleben sozialisiert und geprägt und habe eigentlich nur an Orten gearbeitet, zu denen ich eine besondere Beziehung hatte. Ich habe neben meiner Künstlerkarriere immer in Clubs gearbeitet, was von vielen, samt den Galeristen, mit Unverständnis aufgenommen wurde. Ich fand es herrlich, nachts zu arbeiten, weil ich es wollte und nicht weil ich es musste. Es gibt es so viele missmutige Barkeeper. Dabei muss man wissen, es ist keinesfalls ein einfacher Job.

 

Hat sich Deine Lebenswirklichkeit in den letzten Jahren geändert, seit Du in Mitte lebst?

 

MB: Ich habe mich zu keiner Zeit als Kreuzberger gefühlt, genauso wenig, wie ich mich jetzt Mitte zugehörig fühle.

 

Könntest du Dir vorstellen, anders zu leben? Zum Beispiel auf dem Land.

 

MB: Nee, eigentlich nicht. Das ist mal als Abwechselung schön, das ist aber auch schon alles.

 

Vielleicht ein Leben in einer anderen Stadt?

 

MB: Das auf jeden Fall. Ich sehe Berlin nicht als Endstation. Das wäre ja eine Albtraum- Vorstellung.

 

Was möchtest Du noch erreichen?

 

MB: Dass ich auf einen Großteil meiner Arbeit zurückblicke und feststelle, dass sie ein Eigenleben hat und sogar mich begeistert.

 

Was machst Du zur Entspannung?

 

MB: Ich verstehe das Konzept der Entspannung nicht. Das ist nicht Teil meines Wesens.

 

Du bist einer von wenigen Künstlern, die nur zeichnen und damit ihren Lebensunterhalt bestreiten können.

 

MB: Ich lebe ganz gut.

 

Interessieren Dich die Verkaufspreise Deiner Arbeiten?

 

MB: Sagen wir mal so, eine über die Jahre stetig steigende Kurve ist mir nicht unwichtig.

 

Was ist ein idealer und was ein ideeller Preis?

 

MB: Keine Ahnung, ich bin kein Geschäftsmann.

 

Wofür gibst Du Dein Geld aus, und hättest Du mehr, wofür würdest Du es dann ausgeben?

 

MB: Am liebsten für BLESS-Produkte, die absolute Visionäre und große Künstler sind.

 

Machst Du Urlaub?

 

MB: Urlaub ist für Leute, die Urlaub brauchen. Mein ganzes Lebenskonzept beinhaltet das nicht.

 

Gönnst Du Dir manchmal eine Auszeit?

 

MB: Es vergeht ja kein Tag, an dem ich nicht in irgendeiner Weise mit Kunst beschäftigt bin. Ab und zu denke ich über eine Auszeit nach. Das ist aber eher abstrakt. So habe ich jetzt in Barcelona, ich bin dort zwei Monate ohne spezifischen Anlass, auch einen Haufen Arbeit dabei.

 

Freust Du dich auf die Musikszene in Barcelona?

 

MB: Mal gucken, es gibt ein paar Festivals.

 

Wie sieht Dein Plan für Deine Hamburg-Ausstellungen aus?

 

MB: Eine Ausstellung findet im Saal der Meisterzeichnungen statt und wird sehr klassisch gehängt ... im Schwarzlicht.

 

Als Fries?

 

MB: Eher nicht. Die Ausstellung wird komplett aus unterschiedlich großen Mittelformaten bestehen.

 

Mir kam der Raum „Saal der Meisterzeichnungen“ immer wie eine Gruft vor, vielleicht auch wegen des steilen Abstiegs.

 

MB: Steiler Abstieg? Mir gefiel die Tatsache, dass der Saal fensterlos ist und dadurch natürlich ideal, um mit Schwarzlicht zu arbeiten. Außerdem sehe ich das auch als Unterwanderung; „Saal der Meisterzeichnung“ impliziert ja Könnerschaft. Diese ist aber für mich nichts weiter als ein Werkzeug, eine Art Fliegenfänger oder Falle. Meine Installation in diesen Räumen ist eine Möglichkeit, Menschen, auch jene, die sonst keinen wirklichen Zugang zur Kunst haben, vor den Arbeiten festzunageln. Sie sind geneigt, länger vor etwas, was sie eigentlich verstört oder ihnen unangenehm ist, stehen zu bleiben, um dies dann aufzunehmen, wenn es nur gekonnt präsentiert wird. Könnerschaft ist aber nichts wert, wenn sie nur ihrer selbst Willen wegen existiert.

 

Und es wird zur Eröffnung einen Shuttle-Service, einen Bus zur Mont Blanc Staircase-Gallery geben. Dort hast Du eine Fensterfront mit Aufklebern beklebt.

 

MB: In der Mont Blanc Staircase-Gallery wird zeitgleich eine große Fensterarbeit eingeweiht. Es handelt sich hierbei um transparente Aufkleber meiner Arbeiten, auf Glasscheiben, die sich über mehrere Stockwerke hinwegziehen. Die Aufkleber auf Glas werfen Schatten an die gegenüberliegenden Wände, werden also verdoppelt und durch das sich verändernde Tageslicht in Bewegung gesetzt. Zeichnungen an verschiedenen Orten unter komplett unterschiedlichen Lichteinflüssen. Das wird ziemlich gegensätzlich.

 

(Die Fragen stellte Christoph Bannat.)