4. Dezember 2003

Wenn Väter zu sehr lieben

 

Bugweeds – das klingt in dem Film ein wenig nach Rosebud, so oft, wie es genannt wird, aber es steckt von vornherein kein Geheimnis dahinter. Es geht nicht um die zerstörte Kindheit als ambivalente Bedingung einer unvergleichlichen Karriere, sondern nur noch um Zerstörung, um eine besonders qualvolle, Ungeziefer ausmerzen.

Der heilige Jimmy ist eine schillernde und doch ein wenig unglaubwürdige Figur, auch und gerade, weil sie von Andy Garcia gespielt wird. Ehemaliger Priesterzögling, Mitglied der „Familie“, Knastbruder, Resozialisierer seiner selbst als intakter Mittelpunkt einer Schwulengruppe, deren Mitglieder alle Aids haben im letzten Stadium. Bedrohungen machen schöpferisch. Jimmy erfindet Videos über die Betroffenen als Vermächtnis für die Nachkommen. Das lässt sich auch in andere Problembereiche übertragen, wie zum Beispiel bei Krebskranken, die noch einmal ein wenig aus ihrem Leben erzählen wollen.

Jimmy macht also aus sozialem Ungeziefer wieder Geziefer, wenn es das Wort gäbe. Er gibt dem Leben einen Rahmen, und sei es nur der eines Videobildes. Dieser Rahmen droht zu brechen, als „der Mann mit dem Plan“ auftritt und mal wieder eine dieser berühmten letzten Forderungen stellt, die ein Freund einem ehemaligen Freund zumuten kann. Der Plan ist völlig bescheuert. Der Mann, der ihn hat (Christopher Walken), sitzt im Rollstuhl, hat seine tolle Frau vor langer Zeit verloren und hat einen Sohn, der scheinbar ganz goldig ist, aber sich leider an Brüsten 10-jähriger Mädchen zu schaffen macht. Der Vater diagnostiziert ganz richtig: Der Sohn hat ein Trauma weg, seine langjährige Freundin Mag verließ ihn, um mit dem selbstbewussten Bruce anzubändeln.

Jetzt der Plan: Bruce wird von San Francisco zurückerwartet, er soll mit dem Auto eintreffen. Der Begleitschutz des Mannes mit dem Plan ist offensichtlich zu blöde, um Bruce dort abzupassen und ihm eine Warnung zu erteilen. Deshalb muss Jimmy ran mit seinen Jungs, die er sich einen nach den anderen fischt wie Jesus seine Jünger. Das alles sieht sehr unprofessionell aus, soll es wohl auch sein, natürlich klappt überhaupt nichts, der toughe Bruce provoziert den verrückten Billy, und schon ist er tot und Mag gleich mit. Jetzt kommt die Sache mit Bugweeds. Der Mann mit dem Plan ist stinkesauer, hat aber schon einen Nachfolgeplan. Jimmy darf binnen 48 Stunden fliehen, die anderen erwartet ein qualvoller Tod. Dann gibt es noch eine Frau, so viel Erotik muss sein, in die sich Jimmy verliebt, wie das halt so geht. Aber am Schluss gibt’s halt so eine miese Verfolgungsjagd, da ist dieser Mr. Sch…, weil der nie was sagt, und der bringt die Helfershelfer alle um, den Pornovorführer, den Vater dreier Kinder, den Schwarzen, und zuletzt auch noch Billy, aber da geht er selber mit drauf.

Jimmy hat jetzt der heilige Zorn gepackt, noch nicht mal der Vater dreier Kinder wurde vom Mann mit dem Plan verschont, wo sind da die Regeln, also wird der Sohn, der blöde Bernard, des Mannes mit dem Plan umgebracht, und dann wird Jimmy umgebracht, und dann geht es doch noch mal zurück, denn angeblich hat der Mann mit dem Plan niemanden aufs Korn nehmen lassen, ja super, ach ja, das andere Ende wäre auch nicht schlecht gewesen, Jimmy spricht in einem Video, als ob er das schlechte Ende geahnt hätte, aber das richtige Ende sieht immer anders aus, Plan B halt.

 

Dieter Wenk

 

<typohead type=2>Gary Fleder, Das Leben nach dem Tod in Denver, USA 1995</typohead>