4. Mai 2011

Photographien

 

Wenn man Fotografen nach der Künstlerin Roni Horn fragt, ist die Reaktion gewöhnlich ein mürrisches Achselzucken. Eine entgegnet, ob man nicht besser etwas zu Kap Horn wissen wollte, sicher ließe sich auch etwas zu dem Musikproduzenten Trevor Horn sagen. Also Fotografie in den spezifischen Grenzen der Technik ist es demnach nicht, was man anlässlich der 5. Phototriennale im Sockelgeschoss der Hamburger Kunsthalle zu sehen bekommt. Obwohl der Titel der Ausstellung von Roni Horn »Photographien« lautet, geht es vorrangig nicht um lichtempfindliche Oberflächen. Der Fotoapparat ist allerdings das Gerät, mit dem sich die Thematik von Horn am Einleuchtendsten ins Werk setzen lässt. Identität und Unähnlichkeit. Fotografie ist das probate Mittel, da von jedermann mit Fleiß eben gerade zu diesem Zweck verwendet: Familienalben, Facebook, Fahndungsplakate, Personal- und Fahrzeugausweise, Fotos gelten als sichere Identifizierungsmethode, sowohl für den Hausgebrauch als auch für staatliche Interessen, und nichts ist zuverlässiger als das Amüsement ob alter Passbilder. Roni Horn nutzt also geläufige Mechanismen für ihre Porträtserien und so findet sich der arglose Betrachter unversehens, da man sich doch auf bekanntem Gelände wähnte, in den dicksten Nebelbänken, welche die Frage der Identität nach kürzestem darüber Nachdenken zu produzieren in der Lage ist. Wunderliche Gräben tun sich auf beim Betrachten der Serie »a.k.a« (2008-09), Roni Horn also known as Roni Horn, allerdings immer ein paar Jahre früher oder später. Die zu zahlreichen Doppeln zusammengefassten Fotos immer derselben Frau zeigen einen Lebenslauf, keinen besonderen, sondern schlicht die verschiedenen Stadien, durch die einen die Verwandtschaft, das weitere soziale Umfeld und nicht zuletzt die Drüsen treiben: Vom drallen kurzbeinigen Renner über Backfischiges mit Haarband zu freundlicher Strenge mit Brille. 30 Tarnungen einer Person. So wie die Tarnungen also Wesenszüge und Gestimmtheiten gleich ziehenden Wolken über das Gesicht einer jungen Frau streifen (»You are the Weather«, 1994–96), so kräuselt und färbt sich die Themse »Some Thames« 2000) mannigfach in sich niemals wiederholender Weise. Das ist dann unabhängig von dem bei Roni Horn stets beschworenen Genderthema, der Identitätsgymnastik und dem intellektuellen Überblick sehr einfach und augenfällig schön.

 

Nora Sdun

 

Roni Horn. Photographien

 

15. April bis 14. August 2011

Ausstellung zur 5. Phototriennale Hamburg

Galerie der Gegenwart, Sockelgeschoss