25. April 2010

Ruhepuls in der Zeit

 

Wem das derzeitige Musikbusiness mitsamt der ganzen Musikszene suspekt ist, der möge Galina Ustwolskaya entdecken. Oder auf sie zurückgreifen. Ustwolskaya war eine eher schwierige Einzelgängerin, geboren in der Zeit der »weißen Nächte« 1919. Sie lebte bis 2006. Eine wenig weiblich wirkende, einer kompromisslosen Ästhetik nachgehende, russische Komponistin – aus dem »schwarzen Loch« Leningrad, dem Epizentrum des kommunistischen Terrors.

Veröffentlicht von ihr ist nun »Complete Works for Piano«. Auf zwei CDs mit Sabine Liebner am Klavier. Das hört sich an wie ein Ruhepuls in der Zeit. Nicht aber oberflächlich meditativ oder beabsichtigt Zen-like, sondern in der Ruhe verstörend spröde, unzugänglich, abgründig. Keine mitlaufende Funktion im Getriebe der Zeit einnehmend. Absolut für sich stehend.

Ustwolskaya, melodisch im Avantgardistischen. Melancholisch offensiv und repetitiv eigensinnig. Puristisch, karg, asymmetrisch, streng. Kantig und ungeschliffen. Subtilitäten neben Grobem. Die Dynamik ist bestimmt durch extreme Kontraste.

 

Tina Karolina Stauner

 

Galina Ustwolskaya: »Complete Works for Piano«, Neos/Codaex 2010

 

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