Phoenix machen Asche
… weil sie auf einmal die Popband der Stunde sind.
Das ganze Popfeuilleton redet von Phoenix. Perfekte Popsongs seien auf ihrem neuem Album mit dem oxymoronischen, aber eben wohl auch ironischen Titel „Wolfgang Amadeus Phoenix“. Nur: Was ist denn das dann, perfekte Popsongs? Na ja, sie sind eben tatsächlich drauf, ich schließe mich hiermit dieser These an. Und wie immer, wenn etwas perfekt ist, ist es durch sich perfekt und nicht durch das, was es beschreiben könnte. Reduziert eben. In Kürze und Bündigkeit steckt hier das, was einschließlich mir alle perfekt nennen. Das fängt schon mit den Namen der Lieder an: „Fences“, „Girlfriend“, „Comeback“ oder „Lasso“ heißen diese Songs, und sie kommen und gehen so kurz ins Ohr, wie sie dies im Nanokosmos ihrer Erscheinungsform Name tun. Zehn Lieder, einfaches Cover, zwei Instrumentalstücke, zig Zitate, staubtrockene Produktion. Dabei haben sich Phoenix einen ganz bestimmten Sound entwickelt, der sie wiedererkennbar macht: Subtiles Schlagzeug, Akustikgitarre in merkwürdig echofreiem Klang, trockener Bass und der leicht gelangweilt nasale Klang von Sänger Thomas Mars. Sie sind also eine Band, die Pop spielt, und jener Bandpop ist schlussendlich eine Erfindung der 80er: Popmusik als unverhohlen unsubversive Form des Rock war zunächst ein Genre von Solokünstlern. Dann kamen Bands wie Spandau Ballet, Duran Duran oder die späten Phil-Collins-Genesis und übersetzten, was eine Band spielen kann, in Pop. Und heute versuchen sich immer mehr Formationen an der Formel für jene magischen drei Minuten, die klingen wie etwas, das man nie gehört hat, aber trotzdem wiedererkennt. Und genau dies gelingt Phoenix in acht von zehn Fällen auf „Wolfgang Amadeus Phoenix“. Was ist perfekter Pop? Auf dieser Platte ist er drauf, aber man weiß trotzdem nicht, was er ist.
David Gieselmann
Phenix: Wolfgang Amadeus Phoenix, 2009