12. April 2009

Yellow I: Konstruktion mit Herzblut

 

Kookbooks, Berenberg, Liebeskind, Weissbooks – lauter junge und kleine Verlage, die sich mit einem hochwertigem Programm erfolgreich im umkämpften Markt behaupten. Doch auch jenseits der Belletristik setzen sich mutige Projekte mit scharfem Profil gegen die Paletten-Dutzendware durch und erarbeiten sich auf die harte Tour ihren guten Ruf. Wie der Ende Juli 2008 an der Ruhr-Universität Bochum entstandene Ch. A. Bachmann Verlag, der mit der Pressemitteilung seiner ersten Veröffentlichung Furore ausgelöst hat. Die überschaubare erste Auflage von 100 Exemplaren der Monografie seines Kommilitonen Lars Banhold über die Konstruktion des Dunklen Ritters aus Gotham City war rasch vergriffen, weshalb nachgedruckt werden musste. Inzwischen liegt die dritte Auflage in einer überarbeiteten Fassung vor, ergänzt um ein Kapitel über den jüngsten Film von Christopher Nolan. Wenn der schmale Band in Zukunft jeweils auf den aktuellen Stand gebracht wird, hat er durchaus das Zeug zu einem Evergreen.

 

Obwohl Grün eigentlich die falsche Farbe ist – denn Christian A. Bachmann zieht die Signalfarbe Gelb vor, weist sie in der Geschichte der Comics doch eine imposante Ahnenreihe quer über den Globus auf: vom irischen Knaben im Pyjama aus Hogan’s Alley* über die Hautfarbe einer Sippe aus Springfield*, die Schnäbel der gefiederten Jedermänner aus Entenhausen*, der Kopfbedeckung eines kantigen Gangsterjägers aus Chicago* bis hin zur ewigen Tolle eines umtriebigen Reporters aus Belgien*, um nur die wichtigsten zu erwähnen. In einem zweiseitigen Vorwort (für die erste Auflage und einem einseitigen für die zweite) präsentiert der ehrgeizige Gründer des Unternehmens und Herausgeber seine Reihe „yellow. studien zur comicforschung“, mit der er wohl eine Marktlücke gefunden hat. Denn bislang hatten diejenigen, die mehr über ihre gezeichneten Helden wissen wollten, nur die Wahl zwischen Anthologien kürzerer oder längerer Artikel, für die trotzdem um die 40 Euro verlangt wurden, oder meist wissenschaftlichen Essays, die häufig mit akademisch geforderten Sprachspielen durchsetzt waren, wodurch sich der Lesegenuss für die Nur-Interessierten minderte. Die neue Reihe ist taschengeldgerecht, vermeidet unnötigen Ballast, wird durch exzellent gedruckte Bildzitate bereichert und besteht auf einer wissenden Sorgfalt, die sowohl Fans als auch Neulinge und das Publikum in Seminarräumen befriedigt. Der Band wäre perfekt, gäbe es nicht die (immer noch) ärgerlichen Druckfehler, meist fehlende Worte. Dem mit Herzblut fiebernden Verleger und Herausgeber fehlt hier leider ein ausreichender Abstand, um die Korrekturen zu glätten – vielleicht in der nächsten Auflage des potenziellen Dauersellers.

 

Lars Banhold wählt für seine Analyse des generationenübergreifenden Phänomens einen europäischen Standpunkt, indem er den Grafen von Monte Christo aus der Feder des populären Romans von Alexandre Dumas père zum Ahnherren der bekannten Figur werden lässt. Seine stichhaltigen Argumente arbeitet er nachvollziehbar auf und zeigt chronologisch, in Epochen gegliedert, die historische Entwicklung der Figur in der Heftserie und auf der großen Leinwand von den ersten Kino-Serials bis zu den gegenwärtigen Produktionen in beiden Medien. Zwei Entwicklungen mit ihren Wechselwirkungen stehen plastisch einander gegenüber und bieten einen fundierten Einblick, der im deutschen Sprachraum Seinesgleichen sucht. Möglicherweise werden nicht alle mit seinen Einschätzungen einverstanden sein, leicht widerlegen lassen sie sich jedoch nicht, was für die wissenschaftliche Methode Banholds spricht. Schon beim Lesen lässt sich das Konzept weiterentwickeln: Wie sieht es eigentlich mit der Verwandtschaft der „Drei Musketiere“ (die ja eigentlich vier sind!) mit den „Fantastic Four“ aus dem Hause Marvel aus?

 

Hier wird ein Standard gesetzt, mit dem sich neue Leserschichten erschließen lassen, sodass hoffentlich noch viele weitere Bände die gelbe Reihe zu einem Markstein werden lassen und damit wie Reclam zu einem Synonym für Qualität.

 

Britta Madeleine Woitschig (04/09)

 

Lars Banhold: Batman. Konstruktion eines Helden (yellow. schriften zur comicforschung Band 1, hrsg. von Christian A. Bachmann), Bochum: Ch. A. Bachmann Verlag 2008, 3. Auflage 2009, 99 Seiten, ISSN 1866-184X (für die Reihe), ISBN 978-3-941030-02-2 (für den Band)

 

*Für alle Nicht-Fans: der Knabe ist das „Yellow Kid“ von Richard F. Outcault; die Sippen sind Matt Groenings „Die Simpsons“; die Gefiederten sind die Ducks; der Gangsterjäger ist Chester Goulds „Dick Tracy“ und der Reporter ist Hergés „Tintin“ (dt. Tim aus „Tim und Struppi“).

 

www.christian-bachmann.de