29. Oktober 2003

Basics

 

Dieser Film ist vermutlich der längste Blondinenwitz. Es stimmt alles, was man über sie, die Blondinen, sagt. Und da man als Zuschauer nicht der auch emotional beteiligte Kommissar ist, kann man am Ende wirklich von Herzen lachen. Die Welt ist nämlich nicht nur „unheimlich schiach“, sondern auch unheimlich einfach gestrickt. Wir sind Zeugen anscheinend ewig wiederkehrender Muster, und die sind kugelrund. Und die Freude an diesen Mustern ist um so größer, je größer die Kugeln sind, mit denen wir spielen wollen, die wir (Männer) aber auch einfach gerne ansehen. Da Mann und Frau es aber in den seltensten Fällen mit der körperlichen Repräsentation der Idee der Kugel zu tun haben, heißt der unhintergehbare Imperativ: pump up the volume. Das physiologische Ergebnis dieser abrundenden Prozedur, die eigenartige Summe der zu addierenden Teile „megagroß“ und „richtigeklig“ heißt schlicht „schön“ oder auch „geil“. Da Letzteres natürlich nur völlig irre Zuschreibungen sind (die aber trotzdem die Regel sind) und hinter der Haut unzustellbare Päckchen vor sich hin gluckern, ist es nur eine Frage der Zeit, dass sich diese Fälle selbst auflösen. Ein Kommissar ist dann nur noch dazu da, eine Behinderung einer anderen dazuzugesellen. Und dem Wahnwitz der einen Paarigkeit eine zweite unterzuschieben. Der gleichwohl festzuhaltende Unterschied ist der, dass dem Kommissar (Edgar Selge) der Arm abgeschossen wurde. Blonde hochtittige Frauen dagegen inszenieren ihren eigenen Untergang kräftig mit. Kein Mitleid also mit diesen Witzfiguren. Oder doch?

Eigentlich ist diese Walli (Nadeshda Brennicke) nämlich auch auf eine Art eine Zweiflerin und auch ein bisschen sympathisch, nämlich immer dann, wenn man nicht mit Kameras auf sie hält. Dann ist die Zärtlichkeit der Zombies beinahe unwiderstehlich. Und wenn sich der weibliche Zombie auch noch als Mutter entpuppt. Alles also gar nicht so weit entfernt vom beruhigenden (Münchner) Mittelfeld? Zeit, von den anderen Männern zu berichten. Vom Manager, der natürlich skrupellos ist und alles aus den Mädchen (sic) herausholt und hineinsteckt beziehungsweise hineinstecken lässt, von Ärzten mit jugoslawischen Namen und fast genauso wenig Skrupel, von Polizeipräsidenten, die ihre Frauen zu diesen Ärzten schicken oder es sich jedenfalls gefallen lassen  (erlaubt ist, was gefällt, die lateinischen Motti des Films sind mir leider entfallen), von fotohungrigen Reportern und, ja das war’s so ziemlich. Ein männlich beherrschtes Roulette, und jeder hofft darauf, von der idiotischen Kugel getroffen zu werden. Aber sie macht süchtig, genauso wie das Spiel selbst. Also gar nicht erst damit anfangen? Das scheint beinahe noch heroischer zu sein als der konsequent verfolgte Weg der Selbstzerstörung. Der Frauen, die sich blond definieren lassen, auch wenn sie das gar nicht sind. Und was ist jetzt mit den Medien? Die sind doch schuld, oder? Klar. In dem Sinn, dass sie Geschmacksverstärker sind. Und die Dinge auf den Punkt bringen, der selber keine Geschichte hat. Und die Pointe dieses sich im Kreis ergehenden Rufs heißt, dass es manche Blondinen gibt, die noch dümmer sind, als die Polizei erlaubt.

 

Dieter Wenk

 

Polizeiruf 110: Silicon Walli (ARD 26.5.02)