26. März 2008

Filmabend

 

Freitag, 28. März, 20 Uhr

Barbara Kalender und Jörg Schröder spielen sich selbst.

Ein Videoabend mit Kommentaren. Zum März Verlag allgemein wie zum Steuerrecht im Besonderen.

 

Film: Die März Akte

Vortrag: Olaf Pilzecker (Steuerberater)

 

Galerie trottoir

Hamburger Hochstraße 24

St. Pauli, 20359 Hamburg

www.trottoir-hh.de

 

Der März Verlag

Bücher, Aktionen und Business-Art-Konzepte

 

1967 Vormärz: Jörg Schröder macht im Melzer Verlag so verschiedenartige Titel wie Pauline Réage: ›Geschichte der O‹, Victor Klemperer: ›LTI‹ und eine Anthologie amerikanischer Underground-Gedichte ›Fuck you!‹

 

1968 Jörg Schröder lädt niederländische Autoren zur Buchmesse ein. Provo-Aktion: »Pinkelet auf Springer!« Außerdem Buchmesse-Boykott-Versuch zusammen mit Bernward Vesper und anderen »Literaturproduzenten«.

 

1968 Spektakulärer Coup: Schröder trennt sich handstreichartig vom Melzer Verlag, nimmt sämtliche Mitarbeiter und Autoren mit, gründet den März Verlag sowie die Olympia Press und Olympia Film (›Das farbige Banner der Pornographie‹). Im März Verlag erscheinen u. a. ›ACID‹, herausgegeben von Rolf Dieter Brinkmann und Ralf-Rainer Rygulla und gestaltet von Schröder, Valerie Solanas (die Frau, die auf Andy Warhol schoß): ›Scum – Manifest zur Vernichtung der Männer‹, Hermann Nitsch (Wiener Aktionist und ›Blut-Künstler‹): ›Orgien Mysterien Theater‹, Edgar Snow: ›Roter Stern über China‹, Siegfried Bernfeld: ›Antiautoritäre Erziehung und Psychoanalyse‹.

 

1970 Schröder bringt eine gefälschte Lenin-Briefmarke in Umlauf und verschickt mit ihr frankiert ein Rundschreiben an Bundestagsabgeordnete. Er gründet die Bismarc Media, eine Agentur, deren Konzept es ist, nichts zu produzieren. Bei März erscheinen u. a. Günter Amendt: ›Sexfront‹, Leonard Cohen: ›Schöne Verlierer‹, ›Trivialmythen‹ (mit Texten u. a. von Elfriede Jelinek, Rolf Dieter Brinkmann, Wolf Wondratschek, Hermann Peter Piwitt, Friederike Mayröcker), Leslie Fiedler: ›Die Rückkehr des verschwundenen Amerikaners‹, Robert Crumb: ›Headcomix‹, Doktor Gormander: ›Als die Kinder die Macht ergriffen‹, Leroi Jones: ›Schwarze Musik‹, Michael Rumaker: ›Schwul‹, Parker Tyler: ›Underground Film‹.

 

1971 Alfred von Meysenbugs Pornocomic: ›Lucys Lustbuch‹ wird in einer Nacht- und Nebelaktion von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt beschlagnahmt; später werden zehntausend Exemplare eingestampft, weil die Comic-Figuren Rainer Barzel, Willy Brandt, Franz-Joseph Strauß u. a. zu ähnlich sind. Die ›Nazi-Olympiade‹ erscheint als Protest gegen die Münchner Spiele 1972. Weitere März-Bücher u. a. Jim Dine: ›Gedichte‹, David Horrowitz: ›Big Business und kalter Krieg‹, Ken Kesey: ›Einer flog über das Kuckucksnest‹.

 

1972 Schröder erzählt Ernst Herhaus ›Siegfried‹. Das Buch wird mit zahlreichen einstweiligen Verfügungen und Klagen überzogen, die einige Landgerichte und zwei Oberlandesgerichte beschäftigen. Schröder gewinnt alle Prozesse – bis auf einen, ›Siegfried‹ kann mit geringfügigen Schwärzungen wieder erscheinen. Weitere März-Bücher u. a. Carlos Castaneda: ›Die Lehren des Don Juan‹, Frantz Fanon: ›Für eine afrikanische Revolution‹, Willi Münzenberg: ›Propaganda als Waffe‹.

 

1973 Die Deutsche Bank verhindert das Erscheinen des ›Omgus-Berichts‹, der März Verlag meldet Konkurs an. Schröder schreibt mit Otto Jägersberg das Drehbuch für ›Immobilien‹ (ZDF, Fernsehspiel der Gegenwart).

 

1974 bis 1976 Der März Verlag wird neu gegründet, Schröder vertreibt bis 1976 in großen Auflagen Reprints der alten März-Titel beim Versender Zweitausendeins.

 

1977 Schröder bearbeitet ›Die Reise‹ von Bernward Vesper und gibt das Buch aus dem Nachlaß heraus. ›Die Reise‹ wird im ›Deutschen Herbst‹ ein Bestseller.

 

1978 bis 1979 Keine Aktionen und Skandale, dafür zahlreiche neue März-Bücher u. a. Manfred Esser: ›Ostend-Roman‹, Huguette Couffignal: ›Die Küche der Armen‹, der Essay des ›Spiegel‹-Redakteurs Christian Schultz-Gerstein: ›Doppelkopf‹, Uve Schmidt: ›Ende einer Ehe‹, Jules Vallès: ›Jacques Vingtras. Das Kind. Die Bildung. Die Revolte‹.

 

1980 Politskandal: Schröder entdeckt die Mininukes entlang der Zonengrenze, welche in sogenannten »Wasserwerken« lagern, erzählt davon in ›Transatlantik‹ und der ›taz‹. Verfassungsschutz und CIA reagieren panisch, der ›Stern‹ steigt ein mit ›Atomrampe Deutschland‹, Beginn der Friedensbewegung. März-Bücher u.a. Peter Kuper: ›Hamlet‹, Upton Sinclair: ›Der Dschungel‹.

 

1981 Skandal nach dem Skandal: Schröder verhohnepiepelt in ›Cosmic‹ Öko-Paxe und die späteren ›Grünen‹. März-Titel u. a. Isabelle Eberhardt: ›Sandmeere‹, Wolfgang Neuss/Gaston Salvatore: ›Der Mann mit der Pauke‹. Schröder trennt sich von Zweitausendeins wegen deren Hinwendung zur Ohne- (›Sehen ohne Brille‹, ›Backen ohne Ei‹) und Mit-Literatur (›Ufos – Wir sind nicht allein‹).

 

1982 bis 1985 Der März Verlag wieder im Buchhandel. Titel u. a. Kenneth Patchen: ›Schläfer erwacht‹, Upton Sinclair: ›Am Fließband‹, Douglas Milburn: ›Kindesmord‹, Ralph Ellison: ›Unsichtbar‹, ›Mammut – März-Texte 1 & 2‹, Gunnar Heinsohn/Otto Steiger: ›Die Vernichtung der weisen Frauen‹ und Gunter Schmidt: ›Das große DER DIE DAS über das Sexuelle‹. Barbara Kalender und Jörg Schröder spielen sich selbst in der Spieldokumentation ›Die März-Akte. Einblicke in die Literaturszene‹ (BR, Adolf-Grimme-Preis 1986)

 

1986 bis 1989 »Die beste Rettungsanzeige seit der Bergpredigt« (›Spex‹), März-Rettungsdienst-Anzeigen mit Schuhputz-Aktion während der Buchmesse. Schröder übernimmt Gastdozenturen an den Universitäten Siegen (FB Germanistik) und Kassel (FB Visuelle Kommunikation). Nach zwei Herzinfarkten gibt Schröder auf, der März Verlag wird liquidiert. Das Schiller-Nationalmuseum / Deutsche Literaturarchiv in Marbach a. N. kauft das MÄRZ-Verlagsarchiv. Jörg Schröder entwickelt mit Barbara Kalender das Konzept zu ›Schröder erzählt‹.

 

1990 bis 1998 Die erste Folge von ›Schröder erzählt: Glückspilze‹ erscheint im Mai 1990. In den folgenden Jahren konzentrieren sich Kalender und Schröder auf dieses Erzählprojekt.

 

1998 Jahresausstellung des Schiller-Nationalmuseums / Deutsches Literaturarchiv: ›Protest! Literatur um 1968‹. Die März-Autoren, das Verlagskonzept und Schröders Herausgaben und literarische Arbeiten nehmen in der Ausstellung und dem sie begleitenden Katalog einen bedeutenden Platz ein. Kalender und Schröder beginnen mit den Ordnungsarbeiten im Marbacher März-Archiv und dem angefügten Bernward-Vesper-Archiv.

 

1999 Die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) verlangt von Schröder die Rückzahlung von Pauschalen, die sie für die Folgen von ›Schröder erzählt‹ bezahlt hatte, weil es sich dabei angeblich um Bellestristik handele und nicht um Sachbuchtitel.

 

2000 Die 40. Folge ›Languages spoken‹ von ›Schröder erzählt‹ kommt heraus, damit wird die ›weiße Serie‹ wie geplant abgeschlossen. Ankündigung der neuen ›schwarzen Serie‹.

 

2001 Das Deutsche Literaturarchiv in Marbach übernimmt das ›Schröder erzählt‹-Archiv aus den Jahren 1990 bis 2000. ›Willkommen!‹, die erste Folge der ›Schwarzen Serie‹ erscheint.

 

2003 Im area verlag kommt eine gelb-rot-schwarze März-Kassette heraus. Sie enthält 22 Nachdrucke aus der Verlagsproduktion. Weitere Neuauflage: ›ACID. Neue amerikanische Szene‹, Hrgb. von R. D. Brinkmann und R.-R. Rygulla, im Originalformat. Die Klage der VG Wort gegen Schröder wird nach vierjähriger Prozeßdauer vom Landgericht München I abgewiesen. Die VG Wort legt Berufung beim OLG München ein.

 

2005 / 2006 Im Dezember 2005 sind wir nach Berlin umgezogen.

 

zur Website des März Verlags

www.absolutmedien.de/main.php