27. Februar 2008

Outdoor-Kleidung erobert den Alltag

 

Es heißt ja, die Deutschen seien die Könige im Draußen-Sitzen. Sobald es mehr als 0 Grad hat, stellen die Cafés ihre Tische und Stühle raus. Vielleicht ist das der Grund, warum die Outdoor-Kleidung immer mehr den Alltag erobert: Man trotzt dem Wetter, indem man sich für einen potenziellen Grönland-Urlaub kleidet. Getreu dem Motto: Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Kleidung. Rauchverbot und Heizpilze tun ihr Übriges.

Dass wir uns nicht falsch verstehen: Ich mache mich hier über niemanden lustig. Und wenn doch, dann auch über mich selber - gerade habe ich mir eine Cintamani-Jacke gekauft, die für isländische Wetterverhältnisse gemacht ist. In jedem Falle traben immer mehr Menschen in North-Face-Jacken wie -Hosen durch die Städte, man trägt Fjäll Räven und ist ohne Weiteres in der Lage, die Anzahl und Beschaffenheiten aller Schichten der neuen 3-Layer-Jacke zu referieren. Im gewissen Sinne ist dieser Trend nur konsequent, definiert sich der öffentliche Raum immer mehr als Großstadtdschungel, dem es zu trotzen gilt. Die urbanen Prothesen, die den privaten Raum in diesen Dschungel verlängern - die EC-Karte, der Kaffee zum Mitnehmen, der iPod, der Klapproller und und und - haben den Weg geebnet für einen Kleidungsstil, der die Unterscheidung von draußen und drinnen verneint.

Tatsächlich ist es so, dass ich oft vergesse, meine neue Jacke auszuziehen, weil ich nicht gleich einen Hitzschlag erleide, wenn ich sie auch in der Wohnung trage.

Einen definitiven Trend, der also auch schon wieder am Abebben ist, kann man immer daran erkennen, dass der Trend in den Discountern landet; wenn also die Outdoorjacke bei ALDI oder einem großen deutschen Kaffeeröster landet. Eine Zeit lang ist dann sowohl das Original als auch das Rip-off in, obgleich mit dem einen Geldsicherheit und mit dem anderen Markenstil signalisiert wird. Der nächste Schritt ist dann entweder das Abwenden vom Trend oder aber ihn in sein Extrem zu steigern und also zum Beispiel eine Jacke zu kaufen, die wahrhaftig für den Nordpol taugen würde. Die Kleidungsindustrie verspricht aber schon ganz andere Dinge: Jacken, in denen der iPod schon drin eingebaut ist, die die Haut des Trägers als Übertragungsweg nutzen, oder die automatisch melden, wenn die Milch alle ist oder welches Waschmittel sich am besten zum Auswaschen des gerade entstandenen Flecks eignet.

 

David Gieselmann

 

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