6. Januar 2008

Tragik im Hirnkasten

 

Sind die letzten fünf Tage vor dem Tod des Familien-Patriarchen Theo die entscheidenden für die Familie? Natürlich nicht, aber sie sind der Anlass für diesen Roman. Franz Xaver Karl berichtet von einem alten Ehepaar Theo und Martha und dessen Kindern. Ruth, Theos Horoskop versessenes Lieblingskind mit Hormonhochstand und grausig verbiestertem Ehemann. Marie, die Künstlerin, die ihre Drogenexzesse hinter sich glaubt und verständnislos ihren Sohn betrachtet. Florian, das Weichei. Und ein Verschollener, der alle Kontakte zur Familie abgebrochen hat.

Enkel gibt es natürlich auch und Geliebte. Die Wiederholung der Geschichte, vor allem als eine Wiederholung von scheußlicher Verdruckstheit und Stillschweigen vor Scham und grausigem Triumph, deutet sich an. Franz Xaver Karl schont keinen. In Rückblenden, einem träumenden Abdriften der Familienmitglieder, entwickeln sich verbohrt komische wie verpeilt verzweifelte Szenen, die lange zurückliegen oder auch gerade passieren und die nur deshalb nie zur Eskalation führen, da sie sich unerkannt, und das ist die wirkliche Tragik des Romans, von den anderen vor allem im Hirnkasten abspielen.

 

Gustav Mechlenburg

 

Franz Xaver Karl: Fünf Tage im Juli, Roman, 260 Seiten, gebunden, 18 Euro, Blumenbar 2007

 

Cohen+Dobernigg Buchhandel

 

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