30. Oktober 2007

Schweizer Parallelgesellschaft

 

Eigentlich hat Köbi – bürgerlich J. K. Robert – sowohl sein „Ermittlerbüro“ in Zürich abgeschlossen als auch mit der Schweiz insgesamt. Denn dort fühlt er sich nicht nur von der Polizei verfolgt, sein neues Leben in Santiago de Compostela lässt sich dank einer kleinen Erbschaft und einer frischen Liebe auch überaus viel versprechend an. Doch dann trifft er einen alten Bekannten, den die Schweizer Behörden vor Jahren für tot erklärt haben. Dummerweise ist Köbi dem Ex-Toten einen Gefallen schuldig, und so muss er gemeinsam mit dem wieder gefundenen Kumpan noch einmal nach Zürich.

 

Es folgen verschiedene Morde, unangenehme Begegnungen mit der gar nicht so gemütlichen Zürcher Drogenmafia, eine knapp gescheiterte Familienzusammenführung und überraschende Einsichten in Köbis Vergangenheit. Zwar staut sich der Erzählfluss mitunter etwas, weil die Rückschau auf die von Punk-, Skin-, Mod- und sonstiger jugendbewegte Zeiten etwas breit ausfällt. Und außerdem löst Köbi den Fall weniger dank akribischer Ermittlungsarbeit als vielmehr durch Zufallsbefunde. Dennoch unterhält die Kriminalgeschichte aus der Schweizer Drogen-Parallelgesellschaft auf hohem Niveau und bringt dem Leser eine Schweiz nahe, die mehr zu bieten hat als teure Uhren, Käsefondue und Raubgold.

 

Und ganz nebenbei schenkt uns Köbi auch eine Kurztheorie, die kulturelle Missverständnisse zwischen Europa und Amerika erschöpfend erklärt: „Mindestens die Hälfte unseres Sozialverhaltens war aus Amerika importiert. Nur war es beim Transport beschädigt worden.“

 

Hendrik Roggenkamp

 

Stephan Pörtner: Köbi Santiago, Bilgerverlag 2007

 

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