1. Oktober 2007

Verkabelt

 

Lebensborn, eine idiotische Zuchtidee der Nazis, nur „das Beste“ zu kombinieren, lange vor jeder Stammzellenforschungsdebatte. Ja, und das ist ja auch ein dolles Ding, so eine Vorstellung. Wer argwöhnisch die sich reproduzierenden Teile der Bevölkerung belauscht, kann manchmal auch so eine Traumvorstellung zu hören bekommen. Etwa so ein: ... was für ideale Anlagen wir doch liefern etc. Also es ist ein Thema und deshalb gibt es jetzt also schon den dritten Film aus der Bourne-Serie, der neuste heißt „Bourne Ultimatum“, und man kommt der Sache in 1 Stunde 55 Minuten nur ein Stück weit näher, es wird also auf jeden Fall eine Fortsetzung geben, auch wenn Matt Damon angeblich erst einmal keine Lust mehr hat, es wird eine Fortsetzung geben müssen, denn eine Verschwörung ankündigen und nur nebulöses Erinnerungsfetzenzeug für ein paar Filmminuten anzubieten, erfüllt nicht die Standards der Filmindustrie, das ist ja kein Produkt eines lokalen Kurzfilmfestivals, wo die billigere An- und Fortdichtung nach Ende des Streifens, eben meist aus Geldmangel, wesentlich mehr Raum beansprucht als der Film. Was man in „Bourne Ultimatum“ angedeutet bekommt, ist die Geburt der Kampfmaschine Jason Bourne aus dem Tank, dem Born, dem Brunnen des Versuchslabors, einer der wenigen Einstellungen des Films, die der altmodischen Narration dienen, aber auch diese wird abgerissen von Salven sich überschlagender Befehle und Codes – ein rasender Schwachsinn, es ist hervorragend. Irgendwo mittig gibt’s einen Faustkampf, der schließlich unter Zuhilfenahme eines Buchs positiv entschieden werden kann für Bourne, der das Buch virtuos handhabt zum Stechen und Schlagen.

Der Film hat überhaupt viel zu tun mit Sport, wenig mit Handlung. Warum auch, wer wollte sich dem entsetzlichen Unterfangen aussetzen, einen schafsmäßig verwirrten Killer, dem dämmert, auf eine unsanfte Weise abgerichtet worden zu sein, zu seiner wahren Identität zurückfinden zu lassen. Was sollte denn das werden? Wozu? - nein das will man lieber nicht. Das ist lächerlich. Man ist ja nicht Martin Walser. Mit Themenbereichen, die über das individuell Schafsmäßige hinausgehen, sei es die Verquickung von Macht, Profit und die ständige Produktion von Katastrophen, welche diese Macht erhalten, inklusive der kleineren Nebenschauplätze, auf denen Killer Fußgängerzonen in Kriegsschauplätze verwandeln, hat der Film dann gleich gar nichts zu tun.

Man sehnt sich hinterher ordentlich nach so einem gelockten Telefonkabel, was Klassen und Zuständigkeiten sichernd und mordsschick aus dem Mantel oder Hemdkragen zu ragen hat. Nach so einem Ding eben, wodurch höhere Wesen befehlen – und das wird dann auch schön gemacht. (Komisch, dass die Modedesigner dieses Accessoire noch nicht deutlicher zum Thema ihres losgelösten Assoziationsamoks machten.) Etwas anderes zu tun kommt jedenfalls gar nicht in Betracht. In diesem Film wird nicht gegessen, nicht getrunken und nicht gelacht, natürlich auch nicht geweint. Aufs Klo muss auch keiner. Nur ein einziges Mal wäscht sich der Held die Hände, das ist zwar dringend nötig, aber doch nicht gut für seine Psyche, denn dabei fällt ihm schon wieder etwas ein, und er muss seinen schafsmäßigen Quadratschädel erneut auf ungeheure Anstrengungen vorbereiten.

 

Nora Sdun

 

Paul Greengrass: The Bourne Ultimatum, 2007