28. Mai 2006

Action Marketing

[desi’re:] The Goldstein Reels • Romeo Grünfelder, Zeise 1 / 02.06.2006 / 17:30 h • Zeise 2 / 03.06.2006 / 22:00 h • Zeise 1 / 05.06.2006 / 19:45 h

 

22. Internationales Kurzfilmfestival in Hamburg (31. Mai – 5. Juni)

 

Beifälliges Klatschen und Bierflaschenklirren, das 22. internationale Kurzfilmfestival in Hamburg zeigte am Samstag in der großen Bergstraße in Altona unter offenem Himmel einen Querschnitt des kommenden Programms.

 

Nichts lässt sich länger betrachten als arbeitende Menschen und Kurzfilme. Man wird das in den nächsten Tagen prüfen können. Wo man das Jahr über nur die Rentner an den Bauzäunen meditieren sieht, die darauf warten, dass der Beton aushärtet, kann man bis zum 5.6. insgesamt 219 Wettbewerbsfilme aus sämtlichen Teilen der Erde ansehen.

 

Schon bei der Veranstaltung vor dem, seit Wochen unverdrossen mit Kunst-Programm bespielten, maroden Karstadtgebäude in Altona, mit der das Festival den Auftakt zur Kinofreiluftsaison in Hamburg gibt – versonnene Rezeption: Fährt in einer kurzen Pause ein Mountainbike mit schnurrender Gangschaltung vorbei, glaubt man, der Film beginnt.

 

Im Tourbus einer Tabakfirma, die das Festival finanziell unterstützt, sitzen Hamburgstuten mit Frisuren an Tabakpäckchen und können keine Zigaretten drehen - Kino hat kein typisches Publikum. Jeder geht ins Kino, und die kalkulierte Kundenbindung der Sponsoren rechnet nur mit der Geschichte des sich seit 1985 aus no Budget, selbst mit links gedrehten, nun zu diversen Preisgeldern beachtlich hochgewurschtelten Festivals, nicht mit den aktuellen Beiträgen, was den Filmemachern, haben sie es denn bis ins Programm geschafft, eine kurze Deckung verschafft. Denn ansonsten ist es furchtbar anstrengend und die ausbleibende Arbeitsteilung, die ein Film erfordert, da es um gemeinschaftliche Produktion von Kunst, und nicht nur wie im Theater um die Reproduktion, geht, wird gerade bei Kurzfilmen deutlich. Die Unfähigkeit der Schriftsteller, den Anschluss an den Film zu finden, genauso wie die Hybris der Regisseure, dann eben alles selbst zu machen, vom Drehbuch bis zum Merchandising.

 

Beispiel: Ein Filmemacher will einen Film über Hunde machen. Ein Hersteller von Hundefutter sucht eine emotionale Bindung zu seinem Produkt. Der Filmemacher findet das heraus und nun den richtigen Medienpartner und die passende Destination für die Kundenreise der Hundefutterfirma, die ihm seinen Film finanziert. Dabei entsteht, wenn’s klappt, eine Win-Win-Win-Situation. Nämlich fünf Tage Husky-Safari in China mit begrenzter Teilnehmerzahl für die Firmenkunden. Die gesamte Aktion soll auf zwei Filmspulen zusammen mit einem Partner aus den Medien auf einem internationalen Festival präsentiert werden. Der touristische Kooperations-Partner stellt die passende Location für das Event, weil er Werbung erhält. Wenn die Hunde aus Versehen aufgegessen werden, wofür keiner der Beteiligten verantwortlich gemacht werden kann, ist das Geschrei groß. Die emotionale Bindung reißt ab, der Film ist aus und der Filmemacher bekommt einen Nervenzusammenbruch, weil die Filmförderung eingestellt wird.

 

Aber bis zum 5. 6. laufen trotz allem Filme, gewählt aus über 3600 Einreichungen.

 

Nora Sdun

 

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