5. Oktober 2003

Verführung, nein danke

 

Nachdem der Film in Frankreich definitiv in die Pornoläden abgewandert war, wurde er hier in der version dure in den normalen Programmkinos gezeigt. Mais la pas-dure? Was müsste, könnte man kürzen? Die Initialzündung der Doppelvergewaltigung? Wenigstens die Schwänze bisschen kaschieren? Oder gleich das erste volle Draufhalten von Schwanz in Möse kappen, kastrieren? Nein, eigentlich nicht. Der Bösewicht muss in voller Größe gezeigt werden, dieses klein-große Stück Fleisch, dieser Wicht an Verwandlungskünstler im Zwangsstadium der Muss-Produktion – nicht unbedingt von Kindern. Alte Geschichte, dass sich die Frauen über dieses obskure Para-Subjekt lustig machen. Kann aber auch ganz geil sein. Wie die beiden Heldinnen wider Willen und dann aber doch mit großem Spaß werden bestätigen können. Ihr Doppel im Hotel oder das folgende jeweilige Solo war bestimmt nicht die langweiligste Aktion in dieser Richtung gewesen. Aber warum muss ihr erstes Opfer eine Frau sein? Ist es nur das dreckige Geld gewesen? Hätten sie nicht ein bisschen auf den wirklichen Feind im freundlichen Schafspelz warten können? Wann hört die Trennungsschärfe auf? Wenn alles egal ist? Wenn man eh schon alles eingesteckt hat? Irgendwie haben die beiden aber doch nicht diesen Eindruck vermittelt. Noch zu viel Spaß, bei der Liebe als auch bei der tödlichen Rache. Irgendwie war auch Madame Bach ein wenig zu subtil für die krasse Hinrichtungsorgie, gleich die erste Einstellung, hatte mich an Vanessa Pey erinnert, wäre also ein guter Beginn gewesen. Aber sie brutalisierte sich dann doch an, Mimikry scheint häufiger in die skrupellose Richtung zu gehen, wenn auch meistens wohl nur in der Vorstellung, hier wird’s auch noch ausagiert. Aber was will man überhaupt von Figuren erwarten, die ihren großen Teil ihres noch sehr jungen Erwachsenenlebens und vermutlich einen Teil ihres Mädchenlebens im Pornogeschäft zugebracht haben. Der Erweckungstraum der wieder erwachten Liebe. Das große Trotzdem. Der heroische Neubeginn. So weggewischt, wie sie die Vergewaltigung weggesteckt hat – in ihrer Muschi und wieder aus ihr heraus. Also natürlich eine unbekehrbare Verachtung, ein unumkehrbarer Ekel vor den nicht ernst zu nehmenden Männern, die sogar bei der Vergewaltigung den Kürzeren ziehen, weil man ihnen auch da noch die Anerkennung verweigern kann. Männer sind ganz einfach gestrickt. Und wenn sich das erst mal rumgesprochen hat, könnten die Frauen eigentlich bequem herunterfahren. Aber von wo? Gibt es da noch eine Klimax? Was ist das für eine Höhe, von der diese Beobachtung gemacht wird? Steckt da tatsächlich was dahinter? Was wären die Alternativen? Für beide verkehrten Parteien? Die Frauen wissen es natürlich selber nicht, und insofern gehört ihnen zwar wirklich die Welt, aber sie gebieren auch wirklich den Tod, real oder im alltäglichen Umgang. Am Ende kleben die Weibchen genauso zusammen wie die nicht trennbaren siamesischen Zwillinge. Tränen fließen dann sogar. Das Leben ist hier gerade zu Ende gegangen. Der Spiegelmechanismus funktioniert nicht länger. Bei Musik tötet es sich bestimmt einfacher. Dann noch die Augen zu... Nur dumm, dass man die Bullen nicht mehr sieht. So ein Pech. Life goes on as death.

 

Dieter Wenk