21. Februar 2005

Bilderstreit

 

In "Homo Faber" blättert das junge Mädchen im Baedeker, immer wenn es zu viel wird ... Nun gibt es ein weiteres kleines Buch für solche Zustände. Der Reclam-Band von Susanna Partsch eignet sich für eine Reise am Tisch und durch die Lande. Anhand von Werken aus ganz Europa, zu Architektur, Skulptur, Mosaiken und Malerei führt der Band durch die Entwicklung einer Epoche, die von den ersten Christen bis zum Fall der Festungsmauern Konstantinopels im Jahre 1453 reicht. Byzantinische Kunst ewig märchenhaft und dunkel strahlend. Die Autorin betont, wo sie kann, dass es sich bei einer solchen Einschätzung um ein hartnäckiges Gerücht handelt, das wenig mit der byzantinischen Sache zu tun hat, sondern mehr mit der geklitterten Rezeptionsgeschichte des Westens und dem schmalen Befund. So sind von 500 Kirchen allein in Konstantinopel lediglich 30 erhalten.

 

Vor der Spaltung in West- und Ostkirche passierte erst mal Folgendes: Konstantin anerkennt die christliche Religion, und die Sache breitet sich, ohne Repressionen, rasend schnell im ganzen römischen Reich aus. Und noch bevor man sich so recht gründlich in die Haare bekommen kann – über die Natur Christi und ob er nun ein Geschöpf Gottes sei, ihm nachgeordnet oder seinsidentisch mit Gott –, gibt es die prächtige Stadt am Bosporus, eine echte Konkurrenz zu Rom. Das riesige römische Reich wird aus administrativen Überlegungen aufgeteilt. Religionsgeschichtlich ist hiermit die Trennung der Kirche besiegelt. Orthodoxe in Konstantinopel und die im Westen geläufigeren Römisch-katholischen in Rom. Ersichtlich ist die Trennung von Ost- und Westkirche erst sehr viel später.

 

Als ehemaligen Juden war den frühen Christen das Bilderverbot selbstverständlich, die rasante Ausbreitung des neuen Glaubens brachte allerdings ein Bilderverlangen ins Spiel, von Seiten derer, die vormals zum Beispiel der römischen Götterschar in Bild und Plastik zugetan waren. Und auch wenn für die frühen Christen die Erneuerung vor der Tradition stand und die Erinnerung an alte Götter eher unerwünscht, entstanden die Ikonen in unmittelbarer Fortsetzung antiker Bildpraxis aus Mumienporträts. Auch werden in christlicher Zeit alte Motive der bukolischen oder maritimen Symbolik zu einem guten Hirten oder einen Menschenfischer. Und das macht gar nichts, nur den Forschern, die mit der zeitlichen Bestimmung solcher Artefakte ihre liebe Not haben, da man eben nicht sagen kann, ob der Fischer nun ein christlicher oder heidnischer ist oder ein christlicher wurde, nachdem er schon sehr lange anderen Göttern sekundierte. Das Personal fügt sich zwanglos in seine neuen Bedeutungen.

 

Der Effekt des Bilderstreits war vor allem eine überfällige theologische Fundierung der Bilder innerhalb des Kults. Und diese theologische Grundsatzdebatte führte schließlich zur endgültigen Teilung der Kirche. Dass der Bildersturm als solcher bezeichnet wird, ist eine Folge der Rezeptionsgeschichte, denn es ist natürlich sehr aufregend, zu welchem Gott und wie genau man sich bekennen soll, sodass man gerne mit einem Klarheit schaffenden Massaker legendenhaft nachhilft, wo sich Theologen in der Wolle haben und 100 Jahre gar nichts klar ist.

 

Heute kann man getrost sagen: Basilika, das ist der Westen, Kreuzkuppel der Osten. Und zwar entsprechen die Grundrisse der Kirchen den jeweiligen Kreuzformen, sie sind also entweder nach Maßgabe des griechischen Kreuzes mit vier gleichlangen Armen, oder entsprechend dem lateinischen Kreuz mit einem langen Standbein gebaut. Es gibt aber auch in Basiliken wunderbare byzantinische Mosaiken. Ein gelehrtes kleines Buch zum Angeben und Klugscheißern.

 

Nora Sdun

 

Kunst-Epochen: Frühchristliche und byzantinische Kunst, Susanna Partsch, 270 Seiten, Reclam 2004

 

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