11. Juni 2004

Lustig sei die Kunst!

 

Leicht hatte es Komik nie. Dass wahre Komik hintergründig ist, konnte man schon als Kind erfahren, wenn der Clown nach der Show wieder seinen notorisch melancholischen Blick aufsetzte. Noch schwerer scheint es aber für diejenigen Spaßmacher zu sein, die mit ihrer Kunst auch noch ernst genommen werden wollen.

 

Dabei kann F. W. Bernstein in seiner Textsammlung „Kunst und Kikeriki“ auf manche Beispiele verweisen, in denen Karikatur sehr wohl ernst genommen wurde. Zu ernst. Rainer Hachfeld erhielt beispielsweise 1987 höchstrichterlich die Bestätigung, Kunst geschaffen zu haben. Die Schweinebilder von Franz Josef Strauß kamen ihm dennoch teuer. Denn auch das „geformte Ergebnis einer freien schöpferischen Gestaltung“ kann beleidigen. Freilich stößt die Macht der Karikatur auch an andere Grenzen, wie Bernstein anhand von Picassos Franco-Karikaturen zeigt, was auch hier nicht an ihrer Qualität, sondern an der Öffentlichkeit lag.

 

Eben, Qualität und Öffentlichkeit. Da besteht nach Bernstein noch kein angemessenes Verhältnis. Und so kämpft das Mitglied der „Neuen Frankfurter Schule“ in Katalogtexten, Vorträgen und Zeitungskritiken für ein höheres Ansehen seines Genres. Denn Humor ist nicht, wenn man trotzdem lacht, sondern stellt sich nur ein, wenn die Werke und Produkte auch Qualität haben. Worin diese bei so unterschiedlichen Zeichnern wie Wilhelm Busch, Robert Gernhard, FK Waechter oder Chlodwig Poth, um nur einige zu nennen, genau besteht, vermag Bernstein aber nicht wirklich zu zeigen. Mal ist es das Sammeln unwichtiger Details, mal die gelungene Pointe, dann wieder deren Auslassung. „Außerdem ist es gut, wenn sie eine große Nase haben...“

 

„Zeichnen ist durchaus salonfähig und kommt gleich nach Klavierspielen, Ohrenwackeln und Dampfplaudern.“ Aber das reicht Bernstein anscheinend nicht. Irgendwie möchte er seine und seiner Freunde Kunst doch höher verorten. Dazu ist es unabdingbar, der gängigen Kunstkritik eins auszuwischen. Und erst hier läuft der Autor zur Höchstform auf. Beuys und Baselitz spricht er jegliche Komik ab. Dabei hätte ein passender Bildtitel oft schon gereicht. „Scharfe Tante mit Hüftgürtel, Straps und schwarzen Handschuhen. Genau das ist auf dem Blatt erkennbar, so wahr mir Beuys helfe! Darunter aber lese ich ,Mädchen’. Ach...“

 

Im Vorwort behauptet Bernstein, die verschärfte Kunstkritik – der Verriss - sei seine Sache nicht. Von wegen. Solange er über seine eigene Zunft spricht, stimmt das, und nicht selten grenzt seine Lobhudelei selbst an (unfreiwillige?) Komik. Richtig Spaß macht Bernsteins Buch aber erst, wenn er mit ungerechtem Schmähen gegen die Hochkunst loslegt. Dann allerdings ist er genauso ignorant wie die, die er kritisiert. Vielleicht geht das Spiel ja einfach so und muss so bleiben.

 

Gustav Mechlenburg

 

F. W. Bernstein: Kunst und Kikeriki. Gewählte Texte und Lobreden, 203 Seiten, 16 €, Zu Klampen Verlag 2004

 

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