6. April 2004

Ding, oder was?

 

Von Nora Sdun

 

Brenner, so heißt der Privatdetektiv auch in anderen Romanen von Wolf Haas, Brenner also, hat ein Loch im Kopf. Damit fängt es jedenfalls an und man meint die längste Zeit, dass alles nur deswegen passiert. Was auf jeden Fall deswegen passiert ist, dass Brenner eine optische Irritation plagt , nämlich auf einem Auge sieht er rot und auf dem anderen grünlich, so wie diese Drei-D-Brillen fürs Kino, die auch nie funktionieren. Überhaupt ist es ein Buch mit Vergleichen. Die allerbesten hinkenden Vergleiche aller Zeiten. So wie auch Brenner selbst, kaum aus dem gedächtnislückenschlagenden Koma erwacht, durch Graz hinkt, denn „hochinteressant! Nicht nur das Gehen gut fürs Reden, sprich Denken, sondern umgekehrt auch". Ob es nun an diesem alpenländischen Buckelsatzbau liegt oder am Denken überhaupt, es ist furchtbar komisch, umständlich täppisch schwerfällig, doch immer geradeaus, wie Brenner. Und wenn es eng wird, also peinlich metaphysisch und natürlich psychologisch, und das wird es oft, denn Brenner muss einen Mörder finden und dabei notgedrungen seine Jugend rekapitulieren, gibt es schließlich „ding“. Und es ist erstaunlich wie viel Mehrwert so eine Wortkonserve produziert. Es gibt in Graz „nie ein richtiges Wetter, immer ein bisschen Ding“, „zwischen Mord und Dings“, „groß, schlank, sportlich, braungebrannt, alles sehr ding“, „dieses Gerede mit Selbstbild und Ding“ und vor allem „quasi selbsterfüllende Dings“. Was denn nun? Will man als Leser wissen, sags doch, aber dann kommt nur ein freundlich, aber bestimmtes „frage nicht“. Brenner ist also auch mit Messer im Handrücken, durch Fensterscheiben brechend und unter fremden Betten, auf dem Moped, im Tunnel, im Campingwagen immer „quasi Philosoph“. Was man noch lernt in diesem Buch: Arnold Schwarzenegger kommt aus Graz.

 

Wolf Haas , Das ewige Leben, Hoffmann und Campe, 220 Seiten