3. April 2022

Antikolonialismus



Als Theoretiker des Antikolonialismus wandte sich Frantz Fanon, zunehmend radikalisiert, selbst der aufständischen Praxis zu. Er ging nach Algerien, wo er zunächst als Arzt tätig war und sich zudem als politischer Aktivist, Publizist, Abgesandter der algerischen Befreiungsorgane, Kämpfer auf Seiten der Unabhängigkeit gegen das französische Fanal durchschlug, bis zu seinem frühen Tod 1961 an Leukämie. In dieser kurzen Zeitspanne veröffentlichte Fanon nicht nur bedeutende Bücher, deren Einfluss bis ins Heute anhält, sondern auch eine Reihe kürzerer Essays, Traktate und politische Artikel, die dieser Tage gesammelt, von Barbara Kalender herausgegeben und von Elmar Schlereth übersetzt im ersten Programm des wieder aufgelegten MÄRZ Verlags erschienen sind. Unter dem Titel Für eine Afrikanische Revolution äußert sich Fanon knapp, scharf, kühl analytisch und frei von jeglichem Ego, entlang seiner eigenen Lebensstationen über die Pflicht des Einzelnen wie der Abhängigen zu Ungehorsam und Selbstständigwerdung. Von klugen Artikeln zur antillesischen Unabhängigkeit, die das systematisch ins Psychotische Verführen von Kolonisierten durch die Fremdherrschaft zur Sprache bringen, über das algerische Protokoll der laufenden Ereignisse, das naturgemäß den größten Raum einnimmt, bis zu panafrikanischen sowie globalen Forderungen an die Adresse jeglicher Kolonisatoren:


„Was die Menschen des Westens einfach nicht begriffen habe, ist, dass heute ein neuer Humanismus im Entstehen begriffen ist, eine neue Theorie vom Menschen, die ihre Wurzel im Menschen hat und die nichts anderes will als den endgültigen Triumph dieses Menschen.“


Das Buch kommt zum richtigen Zeitpunkt, genaugenommen ist jeder Zeitpunkt der richtige. Auch wenn viele Texte ihrer Zeit, vor allem der Sprache der 1950er verhaftet sind, der Diskurs seitdem weitergeführt worden ist, besonders sprachlich, die Abkürzungen der unterschiedlichen algerischen Parteien, Namen damaliger Politik, heute weniger geläufig sind, ereilt einem beim Lesen doch schnell die Erkenntnis der Fundamentalität in jedem Text dieses Vordenkers von Auseinandersetzung wie deren Umsetzung in die radikale Aktion. Auch Fanons anderen Werke sollten ständig lieferbar gehalten und natürlich gelesen werden. Für eine Afrikanische Revolution ist ein guter Zug im MÄRZ, dessen Wiederauferstehung dort weitermacht, wo der Verlag vor einiger Zeit Pause gemacht hatte. Welcome back!

Jonis Hartmann


Frantz Fanon: Für eine Afrikanische Revolution, März Berlin 2022

https://www.maerzverlag.de/shop/buecher/sachbuch/fuer-eine-afrikanische-revolution/