5. März 2021

Verbeamtet



Von Antonio di Benedetto unterkühlt verfasst, steht der Roman Zama wartet gegen jeden Realismus, ganz besonders den magischen. Ursprünglich aus den 50er Jahren, ist er, längst insgeheimer Klassiker der argentinischen Literatur aus der Provinz (Mendoza) – dezidiert nicht an Strömungen aus Buenos Aires interessiert – bei Wagenbach kürzlich neu aufgelegt. Ein verschlossenes, rätselhaftes Buch um den spanischen Kolonialbeamten Zama, der vergeblich, ungeschickt und hauptsächlich unsympathisch auf Ereignisse wartet, die weder eintreten noch bedeutsam sind. „Ich kleidete mich so sorgfältig, dass mein Schützling mich zu meinem Aussehen beglückwünschte.“


Hunderte Jahre vor dem heutigen Staat Argentinien entwickelt sich am Rio de la Plata eine taube Farce in zugeständnisloser Sprache, die in kalter Präzision auf ihr unerwartet actionreiches Ende zusteuert, bei der Zama, zum Verräter geworden, im Urwald auf einen mysteriösen Endgegner trifft, der ihm sämtliche Finger amputiert – für den beredten (Liebes-)Briefschreiber die Höchststrafe. Zama, ein Einfaltspinsel, der das ganze Buch über beobachtet, sich sehnt und verhebt. „Mein Magen kam mir zu Hilfe und verlangte Nahrung. Wie hinter der Hoffnung her eilte ich ins Gasthaus [...] Die Antwort hatte ich klar im Kopf. Sie fragte, ob sie mir helfen könne und ob ich einem brieflichen Verkehr zustimmte. Um beide Fragen zu beantworten, genügte ein Wort: Nein. Ich schrieb: Ja.“


Komplett mit einem kenntnisreichen wie geschliffenen Nachwort von J.M. Coetzee ist Zama wartet eine wichtige Lektüre, die manches europäische Bild der südamerikanischen Literatur des letzten Jahrhunderts auf den Kopf stellen dürfte. Von bleierner Zwangsläufigkeit, ungreifbar.

Jonis Hartmann



Antonio di Benedetto: Zama wartet, Wagenbach 2021

https://www.wagenbach.de/buecher/titel/1270-zama-wartet.html