KEIN SOLCHER SIEGERTYP

Von Wolfgang W. Timmler
ANDREA Alles klar?
BÄRBEL Ja.
ANDREA Bist du sicher?
BÄRBEL Ja. Alles bestens. Mir geht's gut.
ANDREA Was macht Ben? Wie geht's ihm?
BÄRBEL Schlecht.
ANDREA Warum das?
BÄRBEL Er ist gefeuert worden.
ANDREA Das tut mir leid.
BÄRBEL Ach, was! Du hast ihn doch noch nie leiden können.
ANDREA Warum?
BÄRBEL Was?
ANDREA Warum ist ihm gekündigt worden?
BÄRBEL Darum.
ANDREA Lass mich raten. Der Verlag hat erkannt, dass Katzenbücher ausgemachter Blödsinn sind. Für solchen Blödsinn würde kein Leser sein Geld ausgeben.
BÄRBEL Weißt du was? Ich finde Katzenbücher richtig süß. Und es gibt viele Mädchen und Frauen - und bestimmt auch viele junge Männer, die Katzenbücher richtig süß finden so wie ich, was du dir vielleicht gar nicht vorstellen kannst, sonst würdest du ja nicht sagen, Katzenbücher seien Blödsinn.
ANDREA He! Beruhige dich! So habe ich das doch nicht gemeint.
BÄRBEL Das Buch gehört dem Leser und nicht dem Kritiker. Dafür ist es schließlich gemacht worden.
ANDREA Babsy. Schwesterherz! Babsy! He! Was ist los? Warum weinst du?
BÄRBEL Siehst du! Das geschieht, weil ich kein solcher Siegertyp bin wie Liz.
ANDREA Wer ist Liz?
BÄRBEL Bens Geliebte.
ANDREA Was? Ben betrügt dich?
BÄRBEL Mit Alice, aber für Ben ist sie Liz.
ANDREA Was wird das jetzt? So ein Doctor-Jekyll-und-Mister-Hyde-Ding?
BÄRBEL Nein.
ANDREA Du kennst diese Liz?
BÄRBEL Nicht persönlich.
ANDREA Sicher?
BÄRBEL Ganz sicher.
ANDREA Aber diese Liz gibt es wirklich?
BÄRBEL Andrea! Ich bitte dich! Ich bin doch nicht verrückt!
ANDREA Nicht?
BÄRBEL Es ist alles so verzwickt, weißt du. Liz ist Alice, und Alice ist Alice Bley.
ANDREA Die Alice Bley?
BÄRBEL Ja, genau die.
ANDREA Du liebe Güte! Er betrügt dich mit seiner Chefin!
BÄRBEL Ex-Chefin, genau gesagt. Jetzt ist sie ja nicht mehr seine Chefin.
ANDREA Ich konnte den Kerl noch nie leiden. Das hab' ich dir gleich gesagt, als ich ihn das erste Mal gesehen habe.
BÄRBEL Ich weiß.
ANDREA Wie lange geht das schon zwischen den beiden?
BÄRBEL Ich denke, seit wir zusammen sind, aber sie hat nicht gewusst, dass es mich gibt, glaube ich jedenfalls.
ANDREA So ein Schwein!
BÄRBEL Sie ist auch nicht viel besser.
ANDREA Immerhin hat sie ihn abserviert.
BÄRBEL Schön wär's! Ich dachte zuerst, sie hätten sich getrennt, aber wie sich jetzt herausstellt, treffen sie sich weiterhin.
ANDREA Ich verstehe.
BÄRBEL Ich habe mitangehört, wie er sich heimlich mit ihr verabredet hat.
ANDREA Und?
BÄRBEL Und was?
ANDREA Hast du ihn zur Rede gestellt?
BÄRBEL Nein.
ANDREA Du lässt dir das einfach so gefallen? Wieso?
BÄRBEL I. L. I.
ANDREA I. L. I.?
BÄRBEL I. L. I.
ANDREA I. L. I. I. L. I.! Das kann doch nicht dein Ernst sein?
BÄRBEL Er weiß ja nicht, dass ich weiß, dass er sich mit ihr trifft.
ANDREA Du liebe Güte! Geht's dir noch gut?
BÄRBEL Nein, das siehst du doch. Mir geht's nicht gut.
ANDREA Und warum schaffst du dir dann das Problem nicht vom Hals?
BÄRBEL Du meinst Ben?
ANDREA Ja, Ben. Wen denn sonst?
BÄRBEL Ja, Ben ist ein Problem.
ANDREA Wo willst du hin?
BÄRBEL Mich ertränken. Wo ist bei dir das Bad?
ANDREA Den Flur links entlang, die vorletzte Tür; du kannst sie nicht verfehlen.
BÄRBEL Danke, Schwesterherz.