3. Januar 2020

Quirino de Giorgio – An Architect’s Legacy

 

Im Veneto, dem Nordosten Italiens, kommt man an Quirino de Giorgio nicht vorbei, beziehungsweise, es gibt wenige Orte, an denen der Architekt im Laufe seiner langen Karriere, von den 30ern bis in die 90er des vorigen Jahrhunderts, nicht etwas gebaut hat. Kinos, Schulen, Villen, Theater, Gemeindehäuser, Veranstaltungszentren. Eine neue Monografie bei Park Books namens „An Architect’s Legacy“ von Michele Carlana, Luca Mezzalira und Curzio Pentimalli nähert sich der umfangreichen Hinterlassenschaft als ein erster Überblick mit einschlägigen Fotos, kleinen Plänen und Kommentaren.

Was sofort ins Auge fällt, ist de Giorgios Hang zum Unkomplizierten, sympathisch Vereinfachten. Die große Geste wird gescheut, das Belehren ebenso wie eine mögliche prätentiöse Auswahl an BauherrInnen. Es scheint sich in seinem Werk hauptsächlich das Credo eines „Ich mach’s jetzt“ als Ausgangspunkt festgesetzt zu haben; und so sehen die Bauten aus. Simpel zwar, aber an den entscheidenden Stellen verspielt, farbintensiv und zudem kostenniedrig errichtet. Es finden sich sowohl Stazioni de Servizio Shell, also einfachste Tankstellenüberbauungen, wie komplexere, ein wenig Carlo Scarpa vorwegnehmende Geschäftsinnenräume wie das Negozio Amadio. Außerdem stößt man des Weiteren und Größeren auf klassisch geziegelte Borghi mit Dorfplätzen und Kreisverkehren, allerdings auch auf jede Menge Case del Fascii aus den damals im verordneten Bauboom steckenden 30er Jahren. De Giorgio stand wie viele seiner Generation den Futuristen nah und bewunderte die schwindelerregenden Zeichnungen eines Antonio Sant‘Elia, er fand allerdings wiederum rasch zu jenem eigenen, durchaus zurückgenommeren Idiom.

Die Herausgeber schreiben: „Quirino de Giorgio is an unknown architect: this is the starting point. It is only possible to approach him by physically discovering the locations of his remaining works. A man without a tomb, without a place, is a man who roams as if he were still alive.“ Umso aufschlussreicher jetzt die Monografie dieser prägenden baulich-räumlichen Gestalt von Padua bis Vicenza, bei deren Fotos auffällt: Die meisten Kinos scheinen inzwischen un- und umgenutzt, die öffentlichen Gebäude häufiger zugebaut, am besten erhalten sind die Villen und Dorfplätze, zum Teil neu restauriert. Über allem schwebt etwas tief Nachbarliches, Zugängliches.

 

Jonis Hartmann

 

Quirino de Giorgio. An Architect’s Legacy. Parkbooks, Zürich 2019