17. April 2019

The inhabited Pathway

 

The built Work of Alberto Ponis in Sardinia

 

Schon vor ein paar Jahren vorgelegt, ist nun der profunde Sardinien-Band des italienischen Architekten Alberto Ponis bei Park Books wiederaufgelegt worden. Ergänzt um eigene Worte Ponis' und Essays geht es bei diesem Buch und letztlich Werk weniger darum, wie outriert oder extravagant sich Gebäude kaufkräftiger BauherrInnen gegenüber Gebäuden anderer kaufkräftiger BauherInnen verhalten, sie ausstechen oder als Quartettspieltrumpf in bestimmten Features noch zu übertreffen trachten, sondern wie sie ganz im Gegenteil nicht gesehen werden.

Landschaftlich ist Sardiniens Küste von jeher ein kahler, von wenigen Farben, außer dem Meerblau, heimgesuchter Raum. Seit den 50er Jahren hat der Tourismus Einzug gehalten, und es ist chthonischen Tüftlern wie Ponis gelungen, in seinen bescheidenen Behausungen, die geschickt Raum aus kaum möglichen Situationen schöpfen, eine Urigkeit zu evozieren, die gewöhnlichen Neubauten meist abgeht. Das Buch folgt jenen Häusern, die in den Innenräumen Felsen wie Möbel bestehen lassen und Holz und weiß getünchte Wände wie eine Synthese aus Frank Lloyd Wrights Respekt der "scenery" gegenüber und andalusischen Westerndörfern erscheinen lassen. Ponis' aus den regionalen Stazzi-Bauweisen geschöpftes Vokabular weitet auf beinahe witzige Weise die Möglichkeiten von Schichtungen von an sich anonymen statischen Verfahren, bis sich nicht selten eigentümliche Rotunden, Stallungsblasen oder pilzartiges Gebäudemycel um die Felsen schlingt.

Das Buch betont die grundsätzlich archaische Auffassung von der Kulturlandschaft Sardiniens (zumindest in den untouristischen Regionen). Da werden Treppen, statt gebaut, von den Steinen weggenommen, eine inverse Petra-"Petrik" gewissermaßen, ziehen sich kaum sichtbare Pfade als Markierungen durch die Grasfelder und Dörrwiesen. Napoleonische Festungen wirken wie moderne Fremdkörper gegenüber diesen gewachsenen anonymen Strukturen. Schwachgesättigte Fotografien von blühenden Stellen und Hunderte Jahre alten Olivenbäumen, die völlig amorph als eigene Festung ihren Platz halten, gliedern die Monografie im Wechsel mit expressionistischen Zeichnungen von Alberto Ponis, der bis heute praktizierend in jenen Plänen der Landschaft mehr Raum zu geben scheint als seinen bescheidenen und doch raffinierten häuserlichen Interventionen. Es sollte mehr Ansätze dieser Art geben (außer grundsätzlich Rückbau).

 

Jonis Hartmann

 

Sebastiano Brandolini [Hg.]: The inhabited Pathway. Park Books. Zürich 2019