15. Januar 2010

Proberaum

Gernot Faber: Proberaum

 

 

Freitag, 29. Januar 2010, 19 Uhr
Kunstverein Harburger Bahnhof

Ausstellung: "Gernot Faber, Proberaum"
Konzert am Eröffnungsabend: "Dead Brains", live! (UK)

Ausstellung vom 30. 1. - 21. 2. 2010

Kunstverein Harburger Bahnhof e.V.

Hannoversche Straße 85

21079 Hamburg

 

Gernot Faber, unverkennbar mit großem Kopf und fettigen, langen Haaren, ist eine fiktive Persönlichkeit, kreiert 2006 von den beiden Hamburger Künstlern Sebastian Reuss (*1974) und Lutz Krüger (*1972). Seitdem hat Gernot Faber jedoch vieles erlebt und geschaffen – und das macht ihn durchaus real. Nach seiner Teilnahme an zahlreichen Ausstellungsprojekten in und außerhalb Hamburgs, entsandte ihn der Verein »Neue Kunst in Hamburg« 2007 im Rahmen des Reisestipendiums nach Rumänien. 2009 wurde er zum Interimsdirektor der isländischen Galerie kling&bang berufen. Quasi nebenbei hat Gernot Faber zudem zu schreiben begonnen: In Kürze erscheint ein Schuber mit fünf Publikationen.

 

Stellvertretend für seine Erfinder darf Gernot Faber sich eine anachronistische Position innerhalb des zeitgenössischen Kunstgeschehens erlauben. Er dient als »Werkzeug«, um, losgelöst von der eigenen Autorenschaft, Produktionsweisen auszuleben, und entwickelt darüber hinaus ein unberechenbares Eigenleben. Im Gegensatz zu anderen fiktiven Protagonisten aus Kunstgeschichte und aktuellem Kunstgeschehen, handelt es sich dabei nicht um einen körperlosen Autor, sondern um eine täuschend echt maskierte Gestalt von geradezu penetranter Präsenz. Gernot Faber verkörpert das verwahrloste Genie, einen Malerfürsten, der über sein Schaffen alles Irdische vergisst. Er sonnt sich in seinem Ruhm, gibt bereitwillig Interviews und nutzt seine Auftritte für regelrechte Signier-Orgien auf Plakaten, Büchern und allen sonstigen geeigneten Oberflächen.

 

Sebastian Reuss und Lutz Krüger haben mit Gernot Faber eine kongeniale Möglichkeit gefunden haben, ästhetisch spannungsreiche Ausstellungssettings zu installieren und gleichzeitig auf konzeptioneller Ebene radikal nach den Bedingungen des »Kunst machens« und »Künstler seins« zu fragen. Ihre Inszenierungen untersuchen authentisches Schöpfertum und Geniekult genauso wie die Ein- und Ausschlussmechanismen des institutionellen Kunstbetriebs. In einer »Gernot Faber«-Ausstellung verbinden sich Elemente aus Performance, traditioneller Werkschau, Installation und Institutionskritik.

 

Nach seinen Erfolgen als Künstler und Galerist zeigt die Ausstellung im Kunstverein Harburger Bahnhof Gernot Faber nun als Manager seiner eigenen Geschichte, die sich längst verselbstständigt hat: Bands wie die »Dead Brains« in London wurden gegründet, die ihn kultisch verehren. Ihnen bleibt der große Ausstellungsraum als Bühne überlassen. Aber wie geht es Gernot Faber dabei? Er haust in dem Bürotrakt des Kunstvereins, umgeben von Merchandising-Artikeln, und verwaltet sein eigenes Schicksal... Die Ausstellung beginnt mit einem großflächig beworbenen Konzert der Londoner Band für 300 Besucher. Gleichzeitig wird in den Büroräumen des Kunstvereins eine Installation aufgebaut, in der Gernot Faber wie gewohnt agiert. In den folgenden Tagen werden Geschichten über den Eröffnungsabend in der Stadt zirkulieren. In der Wahrnehmung der Ausstellung, zu der der abgedunkelte Bühnenraum ebenso gehört wie der Backstage-Bereich, vermischen sich unmittelbare Sinneseindrücke von der Rauminstallation mit Gerüchten und Reliquien. Gernot Faber wird zu einem Mythos, zu einer kollektiven Projektionsfläche.

 

(art-report)

 

 

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