7. November 2007

Es klopft am Innenohr

 

Ein Schweizer Spezialist für Tinitus wird von einem ebensolchen ereilt. Was nahe liegt, da ihm Angesichts der Freundin seines erwachsenen Sohnes eine erfolgreich verdrängte Situation wieder in den Sinn kommt. Manuel war nämlich unverhofft und überrumpelt der Zuchtbulle einer resoluten Person, die zum Zeichen des Erfolgs ihres Vorhabens lediglich eine Fotografie mit kleinem Töchterchen zuschickte. Manuel weiß weder, wie die beiden heißen, noch wo sie leben, da kann man schon einmal nervös werden, wenn sich der ehelich sanktionierte Sohn an die Vermehrung macht und einem als Schulmediziner natürlich sofort alle möglichen Probleme einfallen. Inzucht wäre eines und das Aufdecken seines jahrelang verheimlichten Wahns, irgendwo auf der Welt noch eine Tochter zu haben oder vielleicht auch nicht, ein weiteres Problem.

 

Deshalb klopft es also im Innenohr. Franz Hohler beschreibt eine reizende Familie mit reizenden wohlgeratenen Kindern und reizend moralischem Verhalten allgemein, es ist alles ganz gutbürgerlich geregelt, bis auf diese eine dem Leser bekannte Ausnahme. Franz Hohler ist ein freundlicher Erzähler, ein wenig zu freundlich vielleicht, die Schilderungen ehelichen Alltags mit Kleinkindern sind sehr ausführlich geraten, so sehr, dass der ganze Roman von einer friedlichen Harmlosigkeit bedroht ist. Keine Experimente in Text und Plot, keine Kombinationsaufgaben für den Leser. Ruhig, unangestrengt, sorglich alles erzählend und erklärend, faltet sich eine Familiengeschichte auf.

 

Gustav Mechlenburg

 

Franz Hohler: Es klopft. Roman. Luchterhand 2007, 176 Seiten, 17,95 Euro

 

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