7. Oktober 2007

Liebe und andere Grausamkeiten

 

Ein vollkommen durchschnittlicher Ehemann gerät mitten in Wien, aufgrund einer völlig normalen ehebrecherischen Standartsituation, in Konfusion. Franzobel bemüht sich wild entschlossen, seiner Hauptfigur eine Reihe sensationeller Erfahrungen zu verschaffen: So der Aufenthalt in einem Sarg, einem Luxushotel und dem nahen Osten, durch jede Menge weiblichen „Fickfleisches“ gestützt. Der gute Alexander Gansebohn, sprechende Namen sind im gesamten Text ein Mittel des Klamauks, gewinnt dabei keinerlei Kontur, und bleibt derselbe uninteressante Spießer, der er ab der ersten Seite ist und auch sein soll. Eine unbedingt erforderliche Figur, da sich nur im Kontrast zum Leben eines Durchschnittsspießers seine nicht weniger durchschnittlichen Träume erzählen lassen: Gruppensex, Sodomie und was dergleichen ewige Schwachsinnsfluchtpunkte mehr sind. Da sich Franzobel also nicht um die Entwicklung seiner Hauptfigur kümmert, wühlt er sich in einen Strudel unsinniger Wortspiele und müder Witze. Es geht weder um die im Titel angekündigte Liebesgeschichte noch um irgendeinen anderen Plot. Die gleichwohl emsig handelnden Personen sind nur Attrappen, an die Franzobel seine krud sensationsgeifernden Anekdoten anheftet. Das ist manchmal sogar komisch, besonders wenn der Zusammenhang zwischen unbedingter Langweiligkeit des Geschriebenen und gleichzeitigem Geltungsbedürfnis des Autors, das er durch Obszönität befriedigt sieht, ganz unverstellt, und von Franzobel selbst zugegeben, zu Tage tritt.

 

Gustav Mechlenburg, erstveröffentlicht in Financial Times Deutschland 4. Oktober 2007

 

Franzobel: Liebesgeschichte, Paul Zsolnay-Verlag 2007, 224 S., 19,90 Euro

 

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